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physio
austria
inform
Februar 2013
Themenschwerpunkt
Berufs- und Bildungsentwicklungen
Darf’s ein bisserl mehr sein?
Mit dem österreichschen Bundesgesetz 1961/102,
betreffend die Regelung des Krankenpflegefachdienstes,
der medizinisch-technischen Dienste und der Sanitäts-
hilfsdienste und der zugehörigen Verordnung wurde
erstmals der Beruf des/der Physiotherapeuten/Physio-
therapeutin (Berufsbezeichnung 1961-1992: »Diplo-
mierte/r Assistent/in für Physikalische Medizin«)
gesetzlich geregelt.
1
Im Zuge dessen wurden das Berufs-
bild, die Bedingungen für die Errichtung von Ausbildungs-
stätten, eine Ausbildungs- und Prüfungsordnung, die
Berufsbezeichnung und berufsmäßige Ausübung des
Berufes sowie die Berufspflichten festgelegt.
Mit dem Inkrafttreten des ersten eigenständigen Bundes-
gesetzes (MTD-Gesetz) und der zugehörigen Verordnung
für die gehobenen medizinisch-technischen Dienste
wurde unter anderem neben der gesetzlich formalen
Trennung des Krankenpflegefachdienstes von den
gehobenen medizinisch-technischen Diensten, der
Verlängerung von der zuletzt 2 Jahren und 6 Monate
dauernden Ausbildung auf drei Jahre, der verpflichtend
zu erstellenden Diplomarbeit und der Änderung der Be-
rufsbezeichnung in »Diplomierte/r Physiotherapeut/in«
(Berufsbezeichnung 1992-2005), ein weiterer wesent-
licher Schritt in Richtung Professionalisierung und Akade-
misierung des Berufs der Physiotherapie und somit auch
der im Beruf tätigen Physiotherapeuten/Physiothera-
peutinnen getan.
2
Schließlich wurde 2005 durch die Änderung des MTD-
Gesetzes und des Hebammengesetzes die Schaffung
der rechtlichen Rahmenbedingungen für Fachhochschul-
Bachelor-Studiengänge möglich.
3
Dieser Schritt bedeutet
unter anderem für die PhysiotherapeutInnen eine Um-
setzung der Bologna-Erklärung (1999) und in weiterer
Folge die Möglichkeit einer akademischen Laufbahn.
4
Die Bologna-Erklärung folgt der Trennung zwischen
einem Undergraduate-Studium und einem Graduate-
Studium. Nach Beendigung des Undergraduate-Studiums
(Bachelorstudium an Universitäten; Fachhochschul-
Bachelorstudiengang; Studiengang an Pädagogischen
Hochschulen; 180 ECTS credits) wird ein Bachelorgrad
(mit dem Wortlaut »Bachelor of/in ...«) verliehen. Nach
Beendigung des Graduate-Studiums (Masterstudium an
Universitäten mit 120 ECTS credits bzw. Fachhochschul-
Masterstudiengang mit 60 bis 120 ECTS credits) wird
ein Mastergrad (mit dem Wortlaut »Master of/in ...«)
verliehen. Die Inhaber/innen dieser Diplomgrade oder
Mastergrade (einschließlich Fachhochschul-Diplom-
graden oder Fachhochschul-Mastergraden)
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sind zur
Zulassung zum Doktoratsstudium an einer Universität
berechtigt. Der Doktorgrad mit dem Wortlaut »Doktor/in
...« oder »Doctor of Philosophy« (»PhD«) wird nach einem
mindestens dreijährigen Studium verliehen.
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(siehe Tabelle oben)
7
Anmerkung zu den Diplomstudien bzw.
FH-Diplomstudiengängen: Diese gehören,
da ihr Abschluss zum Doktoratsstudium
berechtigt, zu den Graduate programmes;
ihr Eingangsniveau entspricht jedoch den
Undergraduate programmes.
8
Unbestritten dürften die Vorteile eines
physiotherapeutischen Doktoratsstudiums
für die Akademisierung und Professio-
nalisierung (insbes. Verwissenschaftli-
chung) des Sektors sein. Dennoch kann
in absehbarer Zeit wohl nicht damit
gerechnet werden.
9
Hier sollte sich der/die interessierte
Physiotherapeut/in fragen: Was möchte
ich mit dem Abschluss beginnen? Werden
sich meine beruflichen Interessen z.B.
in die Richtung Physiotherapie und Kultur-
wissenschaften entwickeln? Oder Kombina-
tionen mit Medizin? Naturwissenschaften?
Sozialwissenschaften? Arbeite ich im
Bereich der Lehre an einer Fachhochschule
und/oder als Praktikumsbetreuer/in
mit Studierenden? Kommt für mich also
eventuell ein pädagogisches Doktorat
in Frage?
10
tudieren_in_oesterreich/studierendenan-
waltschaft/thema_des_monats/archiv/
2008/februar_2008/, Stand: 18.01.2013
11
Die gelisteten Beispiele wurden einerseits
anhand einer Internetrecherche erhoben
und zumeist mit einer zusätzlichen telefo-
nischen Recherche abgefragt.
Die weiteren Fußnoten zu diesem Text
finden Sie in der Online-Version dieses
Artikels auf der Website von Physio Austria.
1
BGBl. 1961/102 (»Krankenpflege-
gesetz«), BGBl. 1961/215
2
BGBl. 1992/460 (MTD-Gesetz), BGBl.
1993/678
3
BGBl. I 2005/70 und II. 2006/2
4
Dies gilt auch für die Berufangehörigen
der MTD-Sparten mit den Ausbildungsab-
schlüssen nach dem BGBl. 1961/102
(»Krankenpflegegesetz«), BGBl. 1992/460
(MTD-Gesetz), da deren Abschlüsse jenen
der AbsolventInnen von Fachhochschul-
Bachelorstudiengängen gleichzuhalten
sind BGBl. I 2005/70 § 3 (1) Z 3 + § 3 (4),
i.d.g.F.
5
/
wissenschaft/naric/DS_punkt8.pdf,
Stand: 18.01.2013. Neben den ordentlichen
Studien, die oben beschrieben wurden, gibt
es auch außerordentliche Studien, die –
neben dem Besuch bloß einzelner Lehr-
veranstaltungen – als Lehrgang an Universi-
täten, Fachhochschulen ein Lehrgang zur
Weiterbildung, oder Pädagogischen Hoch-
schulen organisiert sein können. Physio-
therapie-Masterprogramme in Österreich
sind dzt. als solche Lehrgänge geführt.
6
Entnommen aus: BM:WF (2011). Diploma
Supplement: Das österreichische
Hochschulsystem (Punkt 8),
/
wissenschaft/naric/DS_punkt8.pdf,
Stand: 18.01.2013
Dr.phil. Alice Maria
Synek-Strassnitzky, M.Ed.
ist ausgebildete Physiothera-
peutin und hauptberuflich
Lehrende an der Fachhoch-
schule Campus Wien im Stu-
diengang Physiotherapie. Sie
studierte Pädagogik mit dem
Abschluss Master of Educa-
tion (M.Ed.) an der University
of Derby (UK). 2007 promo-
vierte sie in Pädagogik an der
Alpen-Adria Universität Kla-
genfurt.
Möglichkeiten eines Doktoratsstudiums
für PhysiotherapeutInnen
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