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physio
austria
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Februar 2013
PHYSIO AUSTRIA
Wie ist aus Ihrer Sicht die Umstellung von
der Ausbildung an Akademien auf das FH-Bachelorstu-
dium gelaufen? Kann man eine Bilanz ziehen?
M.A.ELISABETH ECKERSTORFER
Bis auf zwei Bundesländer sind
die Ausbildungen bereits überall vom Akademiesystem
auf das FH-System übergeführt worden. Unterm Strich
kann man hier von einer Erfolgsgeschichte sprechen. Die
Umstellung war in allen Bundesländern gut vorbereitet
und ist sehr seriös umgesetzt worden. Man hat uns ja am
Anfang unterstellt, dass wir lediglich einen Türschildwech-
sel machen. Ich bin davon überzeugt, dass das nirgendwo
passiert ist. Es ist an jedem Studiengang das Curriculum
völlig neu aufgesetzt worden – vor dem Hintergrund des
MTD-Gesetzes, klarerweise. Die Curricula wurden den
hochschulischen Anforderungen angepasst und erfüllen
diese auch. Wir in Oberösterreich waren einer der letzten
Standorte, die das umgesetzt haben. Wir haben lange
warten müssen und waren schon sehr ungeduldig. Das ist
der Nachteil gewesen. Der Vorteil war, dass wir aus den
Erfahrungen der anderen lernen konnten. Wir sehen, dass
wir gute Rückmeldungen von den Praktikumsstellen be-
kommen. Die Saat geht auf.
War das auch mit einem Schwerpunktwechsel hin zur
Wissenschaftlichkeit und Forschung verbunden?
Es hat sich das formale System verändert. Dem Akade-
miesystem ist ein Curriculum zugrunde gelegen, das 1992
verabschiedet wurde. 2005 haben die Ersten umgestellt.
Da waren 13 Jahre dazwischen, da verändert sich eine
Ausbildung jedenfalls – auch ohne formalen Wechsel. Auf
jeden Fall stimmt es, dass ein Hochschulsystem auch for-
mal mehr Forschungsthemen hat als das Akademiesys-
tem. Die Forschung hat nun einen anderen Stellenwert.
Aber die Ausbildung selber hat sich noch im Akademie-
system in diese Richtung verändert. Jetzt gibt es endlich
auch den entsprechenden formalen Rahmen dazu.
Gibt es heute andere Anforderungen oder Erwartungen an
Bewerber um einen Studienplatz als im alten System?
Das ist nicht so leicht zu beantworten. Die formalen Krite-
rien haben sich nicht geändert, es wird nach wie vor Ma-
tura vorausgesetzt. Allerdings hat das FH-System eine
Durchlässigkeit, die einen Einstieg auch ohne Matura über
einen Lehrberuf möglich macht. Die Anforderungen an die
KandidatInnen sind naturwissenschaftliches Interesse,
sozialkommunikative Kompetenz und analytisches Denk-
vermögen und diese gelten auch im neuen System. Der
Unterschied ist, wie das Studium aufgesetzt ist. Von FH-
StudentInnen wird erwartet, dass sie eigenständiger und
selbständiger sind, was das System jetzt nicht nur zu-
lässt, sondern auch fordert. Die Bereitschaft dazu muss
man mitbringen. Es gibt Kontaktunterricht und darüber hi-
naus selbstverantwortliches Lernen. Darauf wird jetzt
deutlich mehr Fokus gelegt als im Akademiesystem.
»Die Saat geht auf«
Die Berufsausbildung in der Physiotherapie wurde in den
vergangenen Jahren in nahezu allen Bundesländern auf das
Fachhochschul-System umgestellt. Elisabeth Eckerstorfer, M.A.,
für Bildung und Forschung zuständiges Präsidiumsmitglied
von Physio Austria, zieht im Gespräch mit inform Bilanz.
Themenschwerpunkt
Berufs- und Bildungsentwicklungen
© Helmut Wallner