In Bewegung bleiben

Wenn das Leben stillzustehen scheint

von Rainer Simader und Susanne Mayrhofer, MSc

Manchmal bringt das Leben Herausforderungen mit sich: schwerwiegende Diagnosen, chronische Schmerzen oder medizinische Eingriffe. Während dieser Krankheitsphasen erscheint körperliche Aktivität wenig attraktiv. Viele Menschen fassen den Entschluss oder erhalten den Rat, sich vorerst zu schonen. Ruhe ist aber selbst in solchen Situationen selten ein gutes Rezept. 

Aufgrund von Erkrankungen oder Schmerzzuständen kann Unsicherheit herrschen, wie belastbar der eigene Körper ist. Dabei ist die richtige Antwort naheliegend: Bewegung soll nicht auf später verschoben werden, da es zwischenzeitlich zu einem unwiederbringlichen Verlust an körperlichen Fähigkeiten kommen kann. Ein an die Verhältnisse angepasster aktiver Lebensstil ist die deutlich bessere Strategie.

 

Blick in den Körper

Was passiert bei reduzierter Aktivität oder Bettruhe? Negative Folgen treten rasch auf, betreffen den gesamten Körper und können dramatisch sein. Ein Tag im Bett führt zum Abbau von 1–5 Prozent der Muskelkraft. Nach 3 bis 5 Wochen ist nur mehr die halbe Kraft vorhanden. Bei älteren Menschen mit mehreren Erkrankungen geht dieser Prozess besonders schnell. Die möglichen Folgen: Schwierigkeiten bei bis dahin selbstverständlichen Alltagsfunktionen, Stürze, Unsicherheit bei Bewegungen sowie Hilfsbedürftigkeit. Langes Liegen führt zu einem Absinken des Blutdrucks beim Aufsetzen und es kommt vermehrt zu Schwindel. Bettruhe erhöht außerdem das Risiko für Lungenentzündungen, Thrombosen und Druckstellen der Haut und reduziert auch die Tätigkeit des Darms. Die Folge sind Verstopfungen.

 

Aktivität beibehalten, aber wie?

Die gute Nachricht zu Beginn: In jedem Lebensalter können Ihre Kraft gesteigert, Ihre Gehstrecken erweitert oder Ihre Gleichgewichtsreaktionen verbessert werden; dies ist nicht nur jungen Menschen vorbehalten. Auch wenn Sie sich fühlen, als könnten Sie Ihren Körper kaum belasten: Jede noch so kleine Bewegung hat Sinn. Verteilen Sie kleine Übungseinheiten über den Tag. Tragen Sie untertags Alltagskleidung anstelle eines Pyjamas und verbringen Sie so wenig Zeit wie möglich im Bett. Setzen Sie sich immer wieder an der Bettkante auf, um den Kreislauf zu aktivieren. Falls Sie Schwindel verspüren, bewegen Sie Ihre Beine, um Ihren Kreislauf anzuregen. Nutzen Sie Besuche, um gemeinsam spazieren zu gehen. Sollte das Gehen noch nicht möglich sein, nutzen Sie einen Rollstuhl, um sich damit fortzubewegen und so Ihre Arme und den Oberkörper zu kräftigen und den Kreislauf zu trainieren. Von einem Stuhl aufstehen und wieder hinsetzen oder Übungen mit Gummibändern können sinnvolle Kräftigungsübungen sein.

 

Selbstmotivation steigern

Gemeinsames Training und sozialer Austausch können sehr ermutigend sein. Wenn Sie bereits belastbarer sind oder fit bleiben möchten, kann die Teilnahme an Sport- oder Bewegungsgruppen hilfreich sein. Solche gibt es für jede Altersgruppe. Auch ein Schrittzähler (z. B. am Smartphone) kann die Motivation zu regelmäßiger Bewegung erhöhen. Den besten Erfolg bietet in der Regel ein Training, bei dem Sie sich konkrete Ziele setzen und sich kontrolliert an Ihre Belastungsgrenze herantasten. Muskeln und Kreislauf brauchen eine gewisse Mindest-Belastungsintensität, um die Leistung zu verbessern. Dies soll im besten Fall in Absprache mit Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin und angeleitet durch einen Physiotherapeuten oder eine Physiotherapeutin erfolgen.

 

Vor Operationen

Untersuchungen zeigen, dass Menschen, die gut trainiert zu einer Operation gehen, einen schnelleren Genesungsprozess haben. Gehen Sie vor einer geplanten OP regelmäßig spazieren, führen Sie Bewegungsübungen durch und nutzen Sie etwaige Angebote zur „Prä-Habilitation“. Wenn Sie sich unsicher fühlen, ob und welche Bewegungen und Übungen für Sie geeignet sind, dann stehen Physiotherapeuten und Physiotherapeutinnen gerne zur Beratung und Therapie zur Verfügung, bei Bedarf auch bei Ihnen zu Hause. Unser Tipp: Warten Sie nicht zu lange. Bewegung muss heute an erster Stelle stehen – damit Sie auch morgen noch ein bewegtes Leben führen können.

AutorIn

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Susanne Mayrhofer, MSc.

Stv. Koordinatorin des fachlichen Netzwerks Innere Medizin

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Rainer Simader

Mitglied des Kompetenzteams

Aus der Ausgabe

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2019|06

Bewegt-Magazin Juni 2019

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