physio
austria
inform
Dezember 2014
19
AUSBILDUNG
Beate Salchinger, MSc., MSc.; Emil Igelsböck, MAS
Alternativmedizin, »Complementary and Alternative
Medicine – CAM«, Ganzheitsmedizin, Integrative
Medizin, Naturheilkunde, traditionelle Medizin (z.B.
chinesische, europäische, tibetische …) sind ver-
wandte Überbegriffe, die Heilmethoden oder diagnosti-
sche Konzepte bezeichnen. Die heutige Begriffsvielfalt
geht zurück auf die lange Tradition der Auseinanderset-
zung zwischen anerkannten medizinischen Verfahren
und den so genannten »Außenseitermethoden«.
Das Bundesministerium für Gesundheit favorisiert den
Begriff Komplementärmedizin, um zu signalisieren,
dass die Methoden nicht als Alternativen zur Schul-
medizin angesehen werden sollen.
Nun wissen wir, dass Komplementäre Behandlungs-
methoden nicht nur in der Medizin Anwendung finden,
sondern unter anderem auch in der Physiotherapie
häufig eingesetzt werden. Die Studierenden werden im
Rahmen der praktischen Ausbildung auch mit dem
Thema der komplementären Behandlungsmethoden
konfrontiert, da die PraxisanleiterInnen immer wieder
komplementäre Behandlungsmethoden in ihr physio-
therapeutisches Tun einbauen.
Lehrende in den Fachhochschulen sind froh, wenn sie
mit solchen Fragen konfrontiert werden und versuchen
dieser Thematik mit möglichst objektivem Blick zu
begegnen. Die Studierenden sollen lernen einen neu-
tralen, kritischen Blick auf eine bestimmte Behand-
lungstechnik bzw. -methode zu werfen. Nach der
kritischen Auseinandersetzung mit dieser Thematik
sollte auch die Frage des Evidenzlevels dieser Behand-
lungsmethode beantwortet werden können.
Dann kann entschieden werden, ob eine Methode auf
Basis der Evidenz eingesetzt werden kann. Fehlt wissen-
schaftliche Evidenz sollte immer der Versuch gestartet
werden, die vorhandene klinische Erfahrung im Clinical
Reasoning Prozess auf Wirkprinzipien zu überprüfen oder
zu hinterfragen. Dies gilt natürlich auch für komplemen-
täre Behandlungsmethoden.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass komplemen-
täre Behandlungsmethoden insofern in der Grundausbil-
dung der PhysiotherapeutInnen verankert sind, da viele
Behandlungsmethoden und -konzepte einer kritischen
Betrachtung unterzogen werden. Das Thema der Komple-
mentärtherapie gibt einen brauchbaren Anlass für viele
Fragestellungen der Wirkungsweise der Physiotherapie
und es eignet sich darüber hinaus sehr gut, um rege
Diskussionen unter den Studierenden und den Lehren-
den auszulösen. Man darf auch nicht vergessen, dass
es für viele unserer bekannten physiotherapeutischen
Methoden sehr lange Zeit keine Evidenz gegeben hat
und in vielen Bereichen die Evidenz erst aufgebaut wird.
Es ist gut möglich, dass sich auch für viele der komple-
mentären Methoden in Zukunft Wirkprinzipien gefunden
werden, auf deren Basis die Methoden auf ihre Wirksam-
keit überprüft werden können.
LITERATUR
340. Bundesgesetz:
Fachhochschul-Studiengänge
§3 Absatz 1
Bundesministerium für Gesundheit:
Niederländischer Verband
der Physiotherapeuten:
1...,9,10,11,12,13,14,15,16,17,18 20,21,22,23,24,25,26,27,28,29,...36