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Dezember 2014
Nicht nur international, sondern auch in Österreich
verbreitete sich in den letzten Jahren die Trendsportart
Slacklinen. Ursprünglich handelte es sich dabei um einen
Sport von KlettersportlerInnen aus den USA, bei dem
eine Person über ein, zwischen zwei Fixpunkten gespann-
tes elastisches, Band balanciert (Keller et al., 2012).
Gefordert werden dabei multiple sensorische Systeme
wie Muskelkraft, Propriozeption, visuelles und vestibulä-
res System. Balancieren gelingt nur mit gut ausgeprägter
posturaler Stabilität beziehungsweise Kontrolle (Keller et
al., 2012; Pfusterschmied et al., 2013b; Schärli et. al.,
2013), die jedoch mit zunehmendem Alter abnehmen
können. Die vorliegende Bachelorarbeit analysiert das
Slacklinen als therapeutisches Tool, erläutert bereits
bekannte Anwendungsgebiete und eröffnet neue
Perspektiven für Forschung und Therapie. Ziel der
Literaturarbeit war es, Slacklinen als primär präventive
Trainingsmethode zu untersuchen, bezogen auf den
Erhalt der posturalen Stabilität.
Aus den vielen unterschiedlichen Arten eine Slackline zu
spannen empfiehlt sich für therapeutische Zwecke die
»trickline«, eine Form der »lowlines«. Ungefährliches
Abspringen ist jederzeit möglich, das Band ist nicht über
Kniehöhe gespannt und die Länge variiert je nach
Können der PatientInnen und nach der therapeutischen
Schwerpunktsetzung zwischen 4-25m (Miller & Mauser,
2013). Je länger die Line, desto höher ist die Anforderung
an die posturale Stabilität und alle dabei involvierten
Systeme inklusive der Aktivierung von Muskelketten.
Zusätzlich kann über Material, Spannung und Ausschlag
variiert werden (Pfusterschmied et al., 2013b). Es handelt
sich letztendlich bei der Slackline um eine instabile
Unterlage mit geringer Unterstützungsfläche. Der/die
PatientIn muss sowohl medial-laterale, wie auch anterior-
posteriore Oszillationen ausgleichen (Pfusterschmied et
al., 2013b). Therapeutisch können unter anderem Koordi-
nation, Gleichgewicht, Rumpfstabilität, Konzentration,
Kraft, Stützaktivität des Schultergürtels und Gelenks-
stabilität trainiert werden (Schwarz, 2011).
Laut Granacher et al. (2010) ist ein möglicher Grund für
den Mangel eines Nachweises für präventive Aspekte
des Slacklinens das Fehlen eines standardisierten Trai-
ningsaufbaus. Es gilt dabei lediglich generelle Trainings-
methoden anzuwenden, wie zum Beispiel Inkludierung
eines Warm-Ups und Cool-Downs, es gibt jedoch keine
allgemeine Progression für den Hauptteil der Interven-
tion. Einen möglichen Vorschlag dazu bieten Granacher
et al. (2010)
Präventives
Slacklinen
zum Erhalt der posturalen Stabilität
Slacklining erlebt derzeit einen Boom.
Man kann den neuen Sport auch präventiv nützen.
Es gilt immer die Risiken, welche eventuell der Boden mit
sich bringt, zu minimieren und bewusst zu entscheiden ob
Übungen barfuß oder mit Schuhen durchgeführt werden.
Derzeit wird das Slacklinen hauptsächlich bei PatientInnen
mit Defiziten der posturalen Kontrolle und Stabilität, musku-
lärer Schwäche, Instabilität, Schulterbeschwerden, bei neu-
rologischen Krankheitsbildern (z.B.: Multiple Sklerose), der
Rehabilitation und Verletzungsprävention mit Schwerpunkt
an der Unteren Extremität eingesetzt.
Dem aktuellen Forschungsstand zur Folge wurden bis zum
heutigen Zeitpunkt keine Studien durchgeführt die präven-
tive Aspekte des Slacklinens nachweisen können. Auch be-
treffend Übertrag von Slacklinetraining auf andere posturale
Aktivitäten zeigen sich die Forschungsergebnisse konträr.
Existierende Studien beschäftigten sich Großteils mit der
Minimierung des »postural sway« auf stabilen und instabilen
Unterlagen nach supervidiertem Slacklinetraining. Die ver-
öffentlichten Studien sind jedoch nicht vergleichbar, da die
zur Analyse herangezogenen Parameter deutlich differieren.
Die Forschungsfrage nach dem Langzeiteffekt von Slack-
linetraining auf die posturale Stabilität kann mit der vor-
herrschenden Studienlage zum heutigen Zeitpunkt aus
unterschiedlichen Gründen noch nicht beantwortet werden.
Erstens handelt es sich um eine neue Sportart, zu der erst in
den letzten Jahren - seit 2010 - erste Studien durchgeführt
werden. Zweitens kommen die Studien zu unterschiedlichen
Ergebnissen, was die Übertragbarkeit von beim Slackline-
training erworbenen Fähigkeiten auf andere posturale
Herausforderungen, wie zum Beispiel den Einbeinstand,
nicht zulässt. Drittens konzentrieren sich die ForscherInnen
auf Gesunde, Kinder, ProbandInnen mit Verletzung der unte-
ren Extremitäten oder auf die Vermeidung solcher Verletzun-
gen, jedoch nicht auf ältere Menschen und den Erhalt der
posturalen Kontrolle im Alter. Zuletzt gibt es aufgrund der
jungen Forschungslage noch keine Langzeitstudien. Das
Fehlen von Langzeitergebnissen liegt mitunter auch an
methodologischen Schwächen der reflektierten Studien, da
es sich in allen Fällen um sehr kurze Interventionszeiträume
(maximal vier Wochen) ohne follow up Untersuchung be-
ziehungsweise Interventionen handelt.
Aus den oben genannten Punkten resultiert die Notwendig-
keit der Durchführung von Langzeitstudien mit einem stan-
dardisierten Slacklinetraining, um Studien anhand fixierter
Parameter vergleichbar zu machen. Beginnende Vergleich-
barkeit findet sich in der Startposition, Gelenkswinkel, im
Bewegungsauftrag, visuellen Fokus und im Auftrag seinen
Schwerpunkt wieder über der Unterstützungsfläche zu
zentrieren im Falle einer Störung. Dies zeigt Tendenzen
hin zu einer Standardisierung und Bestrebungen einer
aussagekräftigen Forschung für die Zukunft.
Aus der Praxis
Evidenz
1...,18,19,20,21,22,23,24,25,26,27 29,30,31,32,33,34,35,36