inform Nr.4 September 2014 - page 22

Wie geht man also vor?
Zuerst ist es wichtig zu definieren, in welchem Bereich
der Physiotherapeut/die Physiotherapeutin tätig
werden will. Möchte er/sie im Unternehmen nur
Maßnahmen umsetzen, wie Workshops oder Übungs-
programme für die MitarbeiterInnen, oder therapeuti-
sche Interventionen im Unternehmen oder möchte
er/sie in der Unternehmensberatung aktiv in der
Prozessentwicklung der Gesundheitsförderung und
Prävention beteiligt sein. Beide Bereiche brauchen
Kenntnisse über die gegenwärtige Situation an den
Arbeitsplätzen. Sind es die Arbeitsausfallszeiten, die
Arbeitsunzufriedenheit, oder die unökonomische
Arbeitsweise, oder hat das Arbeitsinspektorat inter-
veniert, die das Unternehmen aktiv werden lassen.
Dieser erste Schritt bedarf also einer Analyse, die
über all die Einflussfaktoren Aufschluss bringt.
Diese Analyse hilft uns oder ist vielmehr die Basis für
die folgenden Lösungsalternativen, die in partner-
schaftlicher Zusammenarbeit mit einerseits den be-
triebsinternen Verantwortlichen und andererseits
mit den MitarbeiterInnen vor Ort erarbeitet werden.
Nach der Dokumentation der Analyse kommt es zur
Präsentation der Ergebnisse vor der Führungsebene
und vor den MitarbeiterInnen, die dann erwartungs-
voll auf die Lösungsalternativen blicken.
Zu diesen Lösungsalternativen für uns oder andere
MTD-Berufe gehören auch all die Maßnahmen zur
Verhaltensprävention. Hierfür bieten sich Workshops,
Gesundheitstage oder andere gesundheitsförderliche
und präventive Maßnahmen mit den MitarbeiterInnen
oder der Führungsebene an. Ob die Inhalte von uns
PhysiotherapeutInnen oder mit anderen MTD Berufen,
PsychologInnen und anderen Berufsgruppen umgesetzt
werden, wird sich aus der Analyse ergeben. Das
Agieren im interdisziplinären Team ist ein wichtiger
Faktor für ein gutes Gelingen der Maßnahmen.
Nach oder während der von uns eingeleiteten personen-
bezogenen Maßnahmen wird das Unternehmen parallel
dazu unsere technischen und organisatorischen Lösungs-
alternativen, wie z.B. Änderungen in der Arbeitsorganisa-
tion, Arbeitsplatzeinrichtung, Bereitstellung von Manipula-
toren bis hin zur Layout Änderung, je nach Budgetplan,
stufenweise umsetzen.
Durch all diese Maßnahmen wird das Team bis hin zum
einzelnen Mitarbeiter/ zur einzelnen Mitarbeiterin gestärkt
und die Arbeitszufriedenheit aller Beteiligten wird gestei-
gert.Nach der zum Großteil erfolgten Maßnahmenumset-
zung wird der Prozess evaluiert. Das Ergebnis erneut
präsentiert und das Projekt weitgehend abgeschlossen.
In diesem Arbeitsfeld, setzen wir uns ein, um einerseits
die Unternehmen durch die Einrichtung ergonomischer
Arbeitsbereiche die Wirtschaftlichkeit zu erhalten oder gar
zu steigern und die Menschen an den Arbeitsplätzen für
ihre Gesundheit teilweise selbst verantwortlich zu machen.
Die Sensibilisierung zur Selbstverantwortung für die Ge-
sundheit ist dann notwendig, wenn Tätigkeiten ohne Refle-
xion durchgeführt werden. Wir finden oft Situationen vor,
wo MitarbeiterInnen alle ergonomischen Hilfsmittel wie
beispielsweise die persönliche Schutzausrüstung (Arbeits-
handschuhe, Gehörschutz, Arbeitsschuhe und viele andere
Angebote) vor Ort haben, diese aber nicht nutzen, oder
Hebehilfen und andere Hilfsmittel, die den Arbeitern ein
gesünderes Arbeiten ermöglichen nicht in Anspruch
genommen werden.
Einstellungen wie »das habe ich immer so gemacht« oder
»das kann (will) ich nicht anders« finden wir nicht nur bei
den ArbeiterinnenArbeiterInnen sondern sehr stark auch
bei den Angestellten an den Büroarbeitsplätzen, wo Büro-
stühle nicht eingestellt werden und Arbeitstische in un-
günstiger Arbeitshöhe bleiben. Oftmals ist es das Unwis-
sen, welches ein ungünstiges Arbeiten erzwingt, aber auch
die mangelnde Bereitschaft Selbstverantwortung für die
eigene Gesundheit zu übernehmen.
Hier sind wir wiederum gefordert, sensibel auf die Men-
schen an den Arbeitsplätzen einzugehen und durch das
Angebot zur Gesundheitsförderung eine Informationsebene
zu erreichen, dass die Verantwortung für die Gesundheit
nicht nur beim Arbeitgeber/bei der Arbeitgeberin liegt
sondern in erster Linie bei jedem einzelnen Mitarbeiter,
der die Möglichkeiten ausschöpfen kann.
Diese Aufgaben, denen man als Physiotherapeutin/Physio-
therapeut in Betrieben begegnet, erfordern ein erweitertes
Angebot an Fortbildungen, das im fachlichen Netzwerk
Arbeit, Gesundheit und Prävention erarbeitet und ange-
boten wird. Vom Management zur Maßnahmenplanung bis
hin zur Maßnahmenumsetzung und Evaluierung wird unser
Wirkungsgrad erweitert und unser gemeinsamer Auftritt
durch Physio Austria gestärkt.
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physio
austria
inform
September 2014
© Haslinger/Neuhold
ERGONOMIE
Elke Neuhold, M.A., Dorothea Haslinger
Themenschwerpunkt
Berufsbild Physiotherapie
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