inform Nr.4 September 2014 - page 24

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physio
austria
inform
September 2014
Themenschwerpunkt
Berufsbild Physiotherapie
GESUNDHEITSPOLITIK
Beate Salchinger, MMSc und Ute Eberl, MSc
MTD Berufe als Wahlfach
Die Annahme, dass eine multiprofessionelle Behandlungs-
planung und –durchführung unerlässlich für die Qualität
der Gesundheitsdienstleistung ist, ist eine Grundprämisse
in der Ausbildung der MTD-Berufe. Das Curriculum der
medizinischen Universität sieht allerdings eine solche
Vernetzung bislang nicht vor. Daher verfügen die fertigen
ÄrztInnen, die sowohl inter- als auch extramural die
PatientInnen zu den MTD-Berufen zuweisen, über wenig
bis kein Hintergrundwissen über die Kompetenzen dieser
Gesundheitsberufe. Somit wird eine gut koordinierte und
abgestimmte Behandlung erschwert und teilweise unmög-
lich gemacht. Vor diesem Hintergrund entstand die Idee
zu dieser Lehrveranstaltung.
Ziel war es, ein gegenseitiges Verständnis zu entwickeln
und auch für die angehenden MedizinerInnen und ver-
wandte Berufe an der Medizinischen Universität Graz den
Zusatznutzen der Vernetzung alltagrelevant und praxis-
nahe darzustellen.
Die Berufsbilder der sieben gehobenen MTD-Berufe, mit
ihren Kompetenzen wurden den Studierenden erläutert
und am PatientInnenbeispiel diskutiert. So wurde das
Zusammenwirken der einzelnen Gesundheitsberufe zum
Beispiel an der Versorgung eines Schlaganfallpatienten in
allen Phasen vorgestellt. Das Ärztegesetz und das MTD-
Gesetz wurden in diesem Zusammenhang als gesetzliche
Grundlage in Bezug auf die unterschiedlichen Aufgaben-
gebiete diskutiert.
Die Studierenden hatten nach den Vorlesungen die Mög-
lichkeit, ein Praktikum aus einem der sieben Berufe zu
wählen. Die Absolvierung war verpflichtender Anteil der
Anwesenheit dieser Lehrveranstaltung. Die im Praktikum
gesammelten Erfahrungen wurden in einer Reflexionsein-
heit in der Gruppe besprochen und aufkommende Fragen
geklärt. Da die Studierenden unterschiedliche MTD-
Berufe für das Praktikum wählten, entstand eine bunte
Diskussion aus Erfahrungsaustausch und professioneller
Neugierde. In der abschließenden Seminararbeit musste
die multiprofessionelle Zusammenarbeit am Fallbeispiel
selbstständig erarbeitet und dargestellt werden.
Diese Lehrveranstaltung stand von Anfang an unter einem
»guten Stern«: Die Idee zu diesem Lehrangebot wurde durch den
Vizerektor für Studium & Lehre der Medizinischen Universität
Graz, Herrn Univ.-Prof. Dr. Hans Peter Dimai, bereits in der Kon-
zepterstellung positiv mitgetragen und unterstützt und konnte
daher in relativ kurzer Zeit in das Angebot der Medizinischen
Universität aufgenommen werden. Die KollegInnen in den Prak-
tikumsstellen nahmen diese Idee sehr gut an und so konnten
für alle sieben MTD-Berufe Praktikumsplätze in ausreichender
Anzahl zur Verfügung gestellt werden.
Außerdem ist es gelungen, die Vortragenden aus den MTD-Beru-
fen mit unterschiedlichem beruflichem Hintergrund zu gewinnen.
So hatten die Studierenden die Möglichkeit sowohl angestellt als
auch freiberuflich tätige KollegInnen und Lehrende aus der Fach-
hochschule im Unterricht kennen zu lernen. Somit konnten viele
Blickwinkel transportiert und die Berufe aus unterschiedlichen
Perspektiven dargestellt werden.
Und es fanden sich genügend Studierende, die diese Lehr-
veranstaltung als Wahlfach gewählt haben.
Für die Darstellung der Inhalte stand nur eine limitierte Wortan-
zahl zur Verfügung. Somit mussten Interessierte auf Basis der
Überschrift die Lehrveranstaltung interessant genug finden. Ein
Hinweis dafür, dass das Thema bei jungen angehenden ÄrztIn-
nen vorhanden ist und ein Verständnis unter den Gesundheits-
berufen relativ einfach bereits während des Studiums aufgebaut
werden kann.
Die Qualität einer Lehrveranstaltung wird in der Evaluierung
sichtbar. Auf diese waren alle auf Grund des innovativen
Charakters dieser Lehrveranstaltung besonders neugierig.
Alle Studierenden meldeten zurück, dass dieses Angebot
unbedingt weiterhin bestehen bleiben soll. Einige Vorschläge
zur Verbesserung zur Planung innerhalb des Studienangebots
wurden gesammelt und werden in die zukünftige Umsetzung
im Sommersemester 2015 aufgenommen.
Das inhaltliche Feedback war zu 100% positiv, sowohl was die
theoretischen Inhalte als auch die Durchführung des Praktikums
betraf. Die vorausgehenden Theorieeinheiten legten den Grund-
stein für das Verständnis für die Arbeitsweise und den Inhalt der
Arbeit der MTD-Berufe und machten neugierig auf das Prakti-
kum. Im Praktikum empfanden sich die Studierenden als »gern
gesehene Gäste« und nicht als Störfaktoren im Arbeitsalltag der
KollegInnen. Durch das Praktikum wurden erste Ideen aus dem
theoretischen Input mit Leben gefüllt. So wurde zum Beispiel die
Frage »warum das mit dem Röntgenbild so lange dauert« geklärt
oder die Frage nach dem »und was passiert jetzt?« gelüftet.
»Der Patient im Mittelpunkt des multiprofessionellen
Teams«: Unter diesem Titel fand im Sommersemester
2014 in Kooperation von MTD-Austria und der Medizi-
nischen Universität Graz eine richtungsweisende und
innovative Lehrveranstaltung statt.
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