inform Nr.4 September 2014 - page 20

Dorothea Haslinger
ist Physiotherapeutin und
Fachkraft für Ergonomie.
Seit 2003 Tätigkeit für
Firmen im Bereich der
betrieblichen Gesundheits-
förderung und Ergonomie-
beratung. Sie ist Mitglied
des Präsidiums von Physio
Austria und Leiterin des
fachlichen Netzwerks Arbeit
und Gesundheit.
Elke Neuhold, M.A.
ist Physiotherapeutin und
Mitglied des Lehr
-
und
Forschungspersonals an
der FH Gesundheitsberufe
Oberösterreich, Studien-
gang Physiotherapie Steyr,
Fachbereich Gesundheits-
förderung und Prävention,
sowie PT in der Arbeitsme-
dizin. Zahlreiche Projekte
in Klein-, Mittel- und Groß-
betrieben, Studium an der
Universität Osnabrück,
Bildungsmanagement.
20
physio
austria
inform
September 2014
Themenschwerpunkt
Berufsbild Physiotherapie
Ein Mensch am Arbeitsplatz führt seine Tätig-
keit immer nach bestem Wissen durch, doch
meist ohne Rücksicht auf die eigene Gesund-
heit und gerade da werden wir in unserem
physiotherapeutischen Handeln aktiv. Zu
unterscheiden ist, ob es sich um eine gesund-
heitsfördernde Analyse mit den anschließen-
den Maßnahmen handelt oder einen
präventiven Ansatz. Gesundheitsförderung
sieht den Menschen am Arbeitsplatz mit
seinen Ressourcen und versucht diese
auszubauen, Prävention erkennt die mögli-
chen Gesundheitsschädigungen und zielt
auf deren Vermeidung ab.
Deshalb ist in beiden Fällen ein projektorien-
tierter Ansatz notwendig. Dies beginnt mit
der Bedarfsanalyse des Unternehmens.
Danach wird ein Projekt gestartet, wo die
Projektbeteiligten klar definiert sind. Eine
umfassende ganzheitliche Analyse filtert die
möglichen gesundheitsgefährdenden Fakto-
ren heraus und erfasst auch die Ressourcen
des/ der ArbeitnehmerIn. Aus dieser Analyse
resultiert ein umfassender Lösungskatalog,
der die Grundlage für Veränderungen in
Richtung Gesundheitsförderung darstellt.
Die Unternehmen reagieren auf unsere
Lösungsalternativen in dem sie Arbeitsplätze
ergonomisch optimieren. Unter anderem wird
der Teilefluss beeinflusst, das Arbeitstempo
und die Arbeitsorganisation geändert oder
gar in der Logistik Schritte zur Verbesserung
veranlasst. Dies kann so weit gehen, dass
Layouts für Arbeitsbereiche auf unsere
Empfehlung hin neugestaltet werden. In der
Beraterfunktion rücken nicht nur Bewegungs-
abläufe in den Fokus, sondern alle Faktoren,
die den Menschen am Arbeitsplatz beeinflus-
sen. Dies sind neben den physischen Belas-
tungen, die psychischen Einflüsse, so wie die
Einflüsse durch die Umgebung und natürlich
auch alle Sicherheitsfaktoren, die getroffen
werden müssen, um den Mitarbeiter/ die
Mitarbeiterin zu schützen.
Unternehmen, die ihre MitarbeiterInnen in den
Mittelpunkt rücken, haben dies meist auch im
Firmenleitbild verankert. Auf europäischer
Ebene orientieren sich Unternehmen nach der
Luxemburger Deklaration zur betrieblichen
Gesundheitsförderung. Kurz zusammengefasst
beinhaltet diese die Verknüpfung folgender
Ansätze:
°
Verbesserung der Arbeitsorganisation
und der Arbeitsbedingungen
°
Förderung einer aktiven MitarbeiterIn-
nenbeteiligung
°
Stärkung persönlicher Kompetenzen
Dadurch werden die gemeinsamen Maßnah-
men der betrieblichen Gesundheitsförderung
erreicht.
)
Die in den Betrieben, durch das Arbeitnehme-
rInnenschutzgesetz (ASchG) verankerten
ArbeitsmedizinerInnen sind für Physiothera-
peutInnen mögliche BegleiterInnen in der
Beratung. Hier ein Auszug aus dem Bundes-
Bedienstetenschutzgesetz (B-BSG):
»Das arbeitsmedizinische Zentrum hat die
Aufgabe, den Dienstgeber, die Bediensteten,
die Sicherheitsvertrauenspersonen und das
zuständige Personalvertretungsorgan auf dem
Gebiet des Gesundheitsschutzes, der auf die
Arbeitsbedingungen bezogenen Gesundheits-
förderung und der menschengerechten
Arbeitsgestaltung zu beraten und den Dienst-
geber bei der Erfüllung seiner Pflichten auf
diesen Gebieten zu unterstützen.
Die Arbeitsmediziner des arbeitsmedizinischen
Zentrums sind mindestens im Ausmaß von
75 Prozent der für sie ermittelten jährlichen
Präventionszeit zu beschäftigen. Zumindest im
Ausmaß der restlichen 25 Prozent der jähr-
lichen Präventionszeit hat der Dienstgeber je
nach der in der Dienststelle gegebenen Gefähr-
dungs- und Belastungssituation sonstige geeig-
nete Fachleute, wie Chemiker, Toxikologen,
Ergonomen, insbesondere jedoch Arbeits-
psychologen, oder die Präventivfachkräfte zu
beschäftigen. Die Präventionszeit richtet sich
nach der Anzahl der in einer Dienststelle
(Dienststellenteil) beschäftigten Bediensteten
und den darin auftretenden Gefährdungen für
die Gesundheit und Sicherheit der Bedienste-
ten (Gefährdungspotential - Gefahrenklassen-
verordnung).«
Physiotherapie und
Unternehmensberatung
© Haslinger/Neuhold
Physiotherapie und Unternehmensberatung ist ein Meilenstein in der phy-
siotherapeutischen Welt. Wir PhysiotherapeutInnen wagen uns mit die-
sem Schritt in eine völlig neue Situation. Dazu brauchen wir fundiertes
Wissen, nicht nur in der Physiologie von Bewegungsabläufen, sondern in
einer ganzheitlichen Betrachtung des arbeitenden Menschen.
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