inform Nr.4 September 2014 - page 31

physio
austria
inform
September 2014
31
SKOLIOSE
Mag. Esther Klissenbauer
AUSSAGE 4
Die Therapie motiviert mich, auch im Alltag
etwas gegen die Skoliose zu tun.
Skoliosetherapie ist dann sehr erfolgreich, wenn neben
einem konsequent durchgeführten Übungsprogramm,
auch Alltagskorrekturen stattfinden (Weiß 2011).
Nur wenn laufende und automatisierte Korrekturen
stattfinden, kann die Therapie optimal ergänzt werden.
Sie stellen einen unverzichtbaren Bestandteil der
Arbeit mit skoliosebetroffenen Personen dar. 74,3% der
Befragten gaben vollständiges Zutreffen der Aussage an.
Themenbereich: Physiotherapie und Korsett
AUSSAGE 1
Nach der Therapie lässt sich das Korsett
leichter anpassen/schließen.
Grundsätzlich kann davon ausgegangen werden, dass
aktive, effiziente Therapiemaßnahmen auch nachhaltig
wirken. Die Dauer der Aufrechterhaltung dieser Kor-
rekturen ist individuell verschieden und von unterschied-
lichsten Faktoren abhängig. Sie sollten jedoch mindes-
tens so lange bestehen bleiben, bis das Korsett nach
der Therapie wieder angelegt wird. Die Tatsache, dass
sich ein Korsett nach erfolgter Therapie leichter schlie-
ßen lässt, bzw. eingezeichneten Grenzmarkierungen an
den Verschlüssen leichter erreicht oder sogar überschrit-
ten werden, ist ein klarer Hinweis auf eine aktiv erzielte
Korrektur. 84% gaben an, dass die Aussage vollständig
zutrifft.
AUSSAGE2
Durch die Therapie kann ich im Korsett
besser atmen.
Im Idealfall arbeitet ein Korsett über ein dreidimensio-
nales Wirkprinzip, welches aktive Atmungskorrekturen im
Korsett erlaubt (Gallo & Wood, 2011). Da die so genannte
Korrekturatmung ein unverzichtbares Element in der
Skoliosetherapie darstellt, ist es nur logisch, dass diese
Atmung auch im Korsett stattfinden muss, sofern sie
eine dauerhafte Veränderung der Rumpfasymmetrie
erzielen soll. 82,4% der Befragten gaben hier ein
vollständiges Zutreffen an.
AUSSAGE 3
Die Therapie hilft mir dabei, das Korsett
gut zu akzeptieren
66,7% der Befragten meinten, dass die Aussage voll-
ständig zutrifft. Korsette können ihre Wirkung nur dann
erzielen, wenn sie täglich mindestens 18 Stunden
getragen werden (Weinstein et al.2013). (Ausnahmen
sind Korsette, die im Rahmen eines so genann-
ten »night-time-bracing« nur nachts getragen
werden müssen. Dieses Schema findet bei
Skoliosen unter 20° Anwendung. Eine weitere
Ausnahme stellt die Abschulungsphase dar,
während der die Tragezeit sukzessive verringert
wird). In der Praxis ist zu beobachten, dass
zahlreiche Jugendliche mit der hohen Tragezeit
hadern. Dies muss in der Therapie thematisiert
werden. Motivationsmöglichkeiten sind sowohl
gezielte Aufklärung, als auch die Teilnahme an
Gruppenstunden. Ein weiterer Teil der Umfrage
beschäftigte sich mit dem Übungsverhalten der
PatientInnen. Die meisten Befragten gaben an,
durchschnittlich 2 bis 5 Mal die Woche zu üben.
Die am häufigsten gemachten Zeitangaben
der Übungsdauer lagen zwischen 15 und 30
Minuten. Weitere Themenbereiche der Umfrage
waren Skoliosetherapie und Schmerz sowie
Skoliosetherapie und Sport.
Resümee und Ausblick
Aus der Analyse der Zusammenhänge ergaben
sich Signifikanzen bei folgenden Variablen:
»Übungsfrequenz zuhause und Atmung« (»Durch
die Therapie habe ich das Gefühl besser Luft
zu bekommen«). Das bedeutet, dass jene
Personen, die die höchsten Übungsfrequenzen
angaben, subjektiv die positivsten Effekte für
die Atmung wahrnahmen. »Bereits absolvierte
Therapien und Wahrnehmung« (»Durch die
Therapie nehme ich meinen Rücken besser
wahr, sodass ich jetzt weiß, wie ich mich korri-
gieren muss«). Wenig überraschend ist die hohe
Signifikanz bei diesen beiden Variablen. Patien-
tInnen, die regelmäßig Physiotherapie in An-
spruch nehmen, und dadurch viel Feedback der
TherapeutInnen erhalten, nehmen die Stellung
ihrer Wirbelsäule offensichtlich sehr gut wahr.
Dies ist eine wesentliche Voraussetzung, um
effektive Korrekturstellungen zu erarbeiten.
Weitere Signifikanzen ließen sich nicht ableiten.
Beispielsweise wurde die ambulante Therapie
insgesamt ausgesprochen positiv bewertet,
jedoch unabhängig von der Anzahl der absol-
vierten Therapieeinheiten.
Aus den Ergebnissen kann generell abgeleitet
werden, dass die ambulante physiotherapeuti-
sche Skoliosetherapie aus Sicht der Betroffe-
nen eine große Bedeutung hat. Sowohl in der
Frage des persönlichen Benefits, als auch hin-
sichtlich motivierender Faktoren erfüllt die
Skoliosetherapie wesentliche Erfordernisse,
die für Betroffene relevant sind.
Es ist zu hoffen, dass die eingangs erwähnte
kontrovers geführte Diskussion bezüglich der
ambulanten Skoliosetherapie zukünftig neuen
Aufwind erhält. Eine zunehmende faktenunter-
mauerte Argumentationslinie zugunsten ambu-
lanter Skoliosebehandlung ist wichtig, damit
diese als allgemein anerkannter, sowie fixer
Bestandteil eines multidisziplinären Behand-
lungsprozesses implementiert wird.
© laurent dambies - Fotolia.com
LITERATUR
Gallo, D./ Wood, G.:
Quality Control of Idiopa-
thic Scoliosis Treatment
in 147 Patients While
Using the RSC Brace.
American Journal of Pro-
sthetics and Orthotics,
JPO. Volume 23, 2, April
2011
Lehnert-Schroth, C.:
Dreidimensionale Skolio-
sebehandlung. Atmungs-
Orthopädie System
Schroth. 6. Auflage,
Urban Fischer, München,
S. 89-93, 2000
Negrini, S. et al: Exerci-
ses reduce the progres-
sion rate of adolescent
idiopathic scoliosis: re-
sults of a comprehensive
systematic review of the
literature. Disability and
Rehabilitation Journal 30
(10), S.772-785, 2008
Rigo, M. et al: 9th In-
structional RSC-Course,
Rosenheim (Germany),
Oct. 2010
Tsiligiannis T., Grivas T:
Pulmonary function in
children with idiopathic
scoliosis. Scoliosis
2012,7:7,
1...,21,22,23,24,25,26,27,28,29,30 32,33,34,35,36
Powered by FlippingBook