Mit ein paar Griffen alles im Griff

Klettern für Ihr Wohlbefinden

von Rebecca Habacher-Cárdenas

Klettern erfreut sich immer größerer Beliebtheit und hat sich zur Trendsportart entwickelt. Aber auch in der Physiotherapie wird vielfach auf Griffe und Tritte gesetzt.
Autor: Rebecca Habacher-Cárdenas.

Klettern erfordert den Einsatz des gesamten Körpers, Kraft und Flexibilität. Die Koordination des gesamten Körpers – in Statik und Dynamik – ist gefragt, zugleich werden Gleichgewichtsreaktionen geschult und Muskelketten trainiert. Das sind ideale Voraussetzungen für eine Bewegungsform, um auch in der Physiotherapie zum Einsatz zu kommen. Das therapeutische Klettern findet sowohl in der Neurologie als auch in der Orthopädie Anwendung. Die Ziele des therapeutischen Kletterns mögen zwar verschieden sein – sei es Beweglichkeit, Kraft oder das Verbessern von Bewegungsansteuerung –, der Weg zur Erreichung dieser Ziele führt jedoch jeweils über die Kletterwand. Voraussetzung ist lediglich die Freude an (neuer) Bewegung. Klettern als Form der Bewegungstherapie ist für Kinder ebenso geeignet wie für ältere Menschen. Während bei Kindern das Spielerische im Vordergrund steht, profitieren auch Menschen bis ins höhere Alter vom Klettern. Die Verbesserung des Gleichgewichts und somit die Sturzprävention rücken in den Fokus.

 

Ziele gemeinsam erarbeiten

Die jeweiligen Therapieziele werden gemeinsam besprochen und individuell angepasst. Im orthopädischen Bereich kann ein Ziel z. B. die Stabilität und Kräftigung des Rumpfes sein, um Bandscheibenbeschwerden entgegenzuwirken. Dazu können Physiotherapeutinnen und Physiotherapeuten das Klettern ideal einsetzen: Durch bewusste Wahrnehmungsschulung werden die Bewegungskoordination unterstützt und Gelenke anatomisch korrekt belastet bzw. bewegt. Dieser Aspekt des therapeutischen Kletterns spielt auch nach Verletzungen im Sinne einer Sekundärprävention, also dem Verhindern einer erneuten Verletzung, eine wichtige Rolle. So können Patientinnen und Patienten nach Schulterverletzungen gezielt ihre Muskulatur kräftigen und wieder die nötige Stabilität für den Alltag erreichen.

 

Freude an neuen Bewegungen

Physiotherapeutinnen und -therapeuten sorgen für größtmögliche Sicherheit und wählen Bewegungsabfolgen bzw. Griffe und Tritte aus, die ihre Patienten fordern und fördern. Die Motivation ist meist größer als bei einer klassischen Übung auf der Behandlungsliege, die Bewegungsfreude steigt und das Selbstvertrauen wird gestärkt. Genau diese Faktoren machen das Therapieklettern im präventiven Bereich interessant: Es ist eine Möglichkeit, selbst aktiv zu werden und am eigenen Körper zu arbeiten. Man bewegt sich an der Kletterwand meist in Bodennähe, wodurch keine spezielle Ausrüstung nötig ist. Nicht ein Griff in luftiger Höhe muss das Ziel sein, sondern der Weg an sich. Bewegungssequenzen werden erarbeitet, Koordination und Körperwahrnehmung verbessert. Neue Bewegungsmöglichkeiten werden erkundet und anschließend in den eigenen Alltag integriert. Wenn mehr Bewegungskoordination im alltäglichen Leben integriert wird, um Strukturen präventiv zu unterstützen, wenn Patientinnen und Patienten lange schmerzfrei durchs Leben gehen, dann hat Therapieklettern seinen Anspruch erfüllt – und das ganze macht auch noch Spaß!

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Rebecca Habacher-Cárdenas

Physiotherapeutin in Salzburg

Aus der Ausgabe

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2019|12

Bewegt-Magazin Dezember 2019

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