Barfuß-Training als Vorteil: Mythos oder Realität?

Raus aus dem Schuh!

von Redaktion Physio Austria

Es wird als Wohltat für die Füße angesehen, barfuß zu gehen. Rentiert es sich, auch beim Laufsport die Schuhe auszuziehen?

Wussten Sie, dass beim Laufen ohne Schuhe die Intensität des Trainings steigt? Die Sensomotorik wird stärker gefordert und der Körper baut zunehmend Kraft auf. Karl Lochner ist der Leiter des fachlichen Netzwerks Sportphysiotherapie beim Bundesverband der PhysiotherapeutInnen Österreichs. Er bestätigt, dass die Beinmuskulatur beim Barfußlaufen mehr gekräftigt wird als beim Laufen in gewöhnlichen Laufschuhen: „Die Muskulatur wird stärker beansprucht und vor allem die Achillessehne muss mehr arbeiten, weil die Belastung direkt erfolgt."

Wer Sportschuhe weglässt – gemeint sind alle Turn- oder Laufschuhe mit Ausnahme von Barfußschuhen – verzichtet jedoch auf die Dämpfung, die das Schuhmaterial bereitstellt. Diese verlorene Dämpfung muss durch die Muskulatur bzw. durch einen veränderten Laufstil ausgeglichen werden. Die Anpassung an den neuen Stil ist nicht selbstverständlich und erfordert bewusstes Training sowie genügend Zeit zur Umstellung.

 

Reges Aufkommen

Wer mit Sportschuhen langsam läuft und nicht sprintet, macht längere Schritte und kommt bei jedem Schritt für gewöhnlich zuerst mit der Ferse am Boden auf. Beim Barfußlaufen kann das anders sein: Von einschlägigen Expertinnen und Experten wurde und wird teilweise empfohlen, den Zehenballen oder den Mittelfuß beim Laufen ohne Schuhe zuerst aufzusetzen. Der Ballengang dämpft den Aufprall über die Fußgewölbe und über die muskuläre Aktivierung. Der Körper wird durch die Unterschenkelmuskulatur abgefedert. Tatsächlich berühren viele trainierte Barfußläuferinnen und –läufer mit dem Vorder- oder Mittelfuß zuerst den Boden, ganz nach dem Motto: Wer barfuß läuft, aber weiterhin mit der Ferse aufsetzt, riskiert Schäden. Diese Meinung teilen nicht alle. Erst 2017 wiesen die zwei Forscher Hamill und Gruber darauf hin, dass der Wechsel im Laufstil hin zu einem Anschlag mit dem Vorderfuß nicht vorteilhaft für die Laufökonomie sei und das Risiko für Schäden nicht reduziert würde. Ob die Veränderung der Belastung vom Rückfuß zum Vorfuß beim Barfußlaufen unbewusst passiert, ist nicht geklärt. 

Fest steht – ganz gleich, ob nun Vorderfuß oder Ferse zuerst aufkommt: Gelenke und Muskeln sind in evolutionärer Hinsicht nicht darauf ausgerichtet, geschont zu werden. Wer sich beim langsamen Wechsel hin zum Laufen ohne Schuhe wohlfühlt, tut sich etwas Gutes. Wichtig dabei ist das Tempo der Umstellung: „Wer von heute auf morgen plötzlich zehn Kilometer ohne Schuhe läuft, wird das spüren. Da reagieren nicht nur Achillessehne oder Gelenke, die sich an die neue Art der Belastung gewöhnen müssen“, erklärt Lochner. Vorbereitende „exzentrische und konzentrische“ Übungen erleichtern die Anpassung. Ihre Physiotherapeutin oder Ihr Physiotherapeut erklärt Ihnen mehr. Wer gerne barfuß unterwegs sein möchte, aber vor dem Laufen ganz ohne Schuh zurückschreckt, findet in Barfußschuhen eine Alternative. Barfußschuhe sind dem Gehen ohne Schuhe nachemfpunden: Die Zehen haben Platz. Das kann einer Großzehenfehlstellung, bekannt unter Hallux valgus, vorbeugen. Das Konzept des Barfußschuhs unterstützt den Fuß bei seiner biomechanischen, natürlichen Arbeitsweise. Barfußschuhe sind außerdem eine gute Alternative zum Barfußgehen, da sie den Fuß vor Steinen oder Splittern schützen. Übrigens: Schuhe selbst kräftigen einen Fuß nie. Es ist die Art, wie der Fuß in oder mit den Schuhen bewegt wird, die kräftigend wirken kann.

 

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2019|03

Bewegt-Magazin März 2019

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