Fit in den Bergen

Mit kurzen Schritten über Stock und Stein...

von Karl Lochner

Wandern zählt zu den beliebtesten Sportarten der Österreicher*innen. Damit Schmerzen und Beschwerden am Bewegungsapparat vermieden werden, gibt es einiges zu beachten.

90 Prozent der Schmerzen treten im Kniebereich auf. Dies ergab eine Studie, bei der 47 Prozent der Befragten angaben, beim Bergwandern Schmerzen zu haben. Die Schmerzen im Kniebereich haben mit der Schwerkraft zu tun. Je steiler das Gelände, desto mehr Kraft wird benötigt, um den Körper zu bremsen. Je steiler, desto mehr Belastung. Diese ist also individuell. Bei einer Neigung von 24° ist die Belastung viermal so hoch wie beim Bergaufgehen bzw. sieben Mal so hoch wie in der Geraden. Bei einem 70 kg schweren Menschen sind das bis zu 500 kg. Bei jedem Schritt. Oft stundenlang. Knieschmerzen treten sowohl bei professionellen Sportler*innen als auch bei Hobbysportler*innen auf. Bei den Profis oft durch Überlastung oder Trainingsfehler. Bei den Hobbysportler*innen passiert die Überlastung häufig durch zu geringe Belastbarkeit bzw. zu niedriges Trainingsniveau.

 

Nie Schmerz im Knie

Um Knieproblemen vorzubeugen sind funktionelle Kräftigungs- oder Stabilitätsübungen wichtig. Also keine oder nur wenig Übungen an Geräten. Durch die funktionellen
Übungen bleibt die Muskellänge erhalten. Dehnungsübungen sollen nur dazu dienen, die individuelle, angenehme Spannung wieder herzustellen. Die besten Ganzkörpergleichgewichtsübungen lassen sich in der Natur durchführen. Stabilitätstraining sollte einfaches Beinachsentraining beinhalten. Kürzere Schritte zu machen ist eine effektive Maßnahme, um die Belastung zu reduzieren. Machen Sie also lieber mehrere kurze Schritte als wenige lange. Zusätzlich reduziert Bergabgehen mit Stöcken die Spitzenbelastungen um 25 bis 30 Prozent. Achtung: Mit Stöcken tendieren wir dazu, unsere Schritte zu verlängern. Wer Stöcke verwendet, sollte damit Gewicht abfangen, ohne die Schritte zu verlängern. Vermeiden Sie nach Möglichkeit steileres Gelände. Auch wenn der Weg weiter ist: Wählen Sie die flacheren Route nach unten.

 

Kniebeugen, Fersenheben,
Stufensteigen

Für das Stabilitätstraining eignen sich Kniebeugen, Fersenheben, Stufensteigen (in allen Variationen) und Ausfallschritte am besten – immer mit Betonung auch auf die Exzentrik, also auf die bremsende Aktivität. Zwar gibt es keine wissenschaftlich haltbaren Untersuchungen dazu, doch es wird vermutet, dass Hinunterlaufen weniger belastend für die Gelenke ist als langsames Gehen. Das Tempo wird genutzt und die Muskulatur muss über die Dauer weniger bremsend arbeiten.
Bergab entstehen beim Abbremsen zwei Belastungsspitzen: kurz nach dem Auftreten des Fußes und kurz vor dem Abheben des Fußes – am Ende der Belastungsphase. Deshalb ist auch das Bergabgehen über Stufen schonender, hier tritt die Belastungsspitze nur einmal auf. Um möglichst schonend bergab zu gehen, können Sie den Untergrund nach natürlichen Stufen absuchen, die Sie in Form von Absätzen, Steinen und Wurzeln auf dem Steig finden. Beim Bergaufgehen werden der große Gesäßmuskel sowie die vordere und hintere Oberschenkelmuskulatur sehr stark beansprucht. Beim Bergabgehen muss die Kraft exzentrisch – d. h. bremsend – eingesetzt werden. Das führt dazu, dass die vordere Oberschenkelmuskulatur bergab zirka doppelt so stark beansprucht wird wie beim Bergaufgehen.

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Karl Lochner

Koordinator des fachlichen Netzwerks Sportphysiotherapie

Aus der Ausgabe

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2022|06

Bewegt-Magazin Juni 2022

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