Was tun bei Skoliose?

Hilfe, mein Kind ist schief!

von Alida Oorburg

Als Skoliose bezeichnet man die dreidimensionale Verkrümmung der Wirbelsäule. Wie Physiotherapeutinnen und –therapeuten mit betroffenen Kindern arbeiten, berichtet Alida Oorburg in ihrem Erfahrungsbericht.

Susanne, 13 Jahre alt, ist heute das erste Mal bei mir in der Therapie. Sie kommt in Begleitung ihrer Mutter. Der Schularzt hat Susanne zum orthopädischen Facharzt überwiesen, mit dem Verdacht auf eine Skoliose. Jetzt hat sie die Diagnose: Skoliose mit 30° Cobbwinkel – und eine Überweisung für Physiotherapie. „Wie konnte das passieren?“, fragt ihre Mutter schuldbewusst. Ihr ist schon aufgefallen, dass Susanne oft schief im Stuhl hängt, aber das machen alle Jugendlichen – oder? Es stimmt schon, dass sie Susannes Wirbelsäule schon länger nicht mehr so genau betrachtet hat. „Hätten wir dies verhindern können? Wird das wieder gut?“

 

Was ist eine Skoliose?

Niemand hat eine exakt gerade Wirbelsäule. Weicht die Wirbelsäule bei einem ansonsten gesunden Kind jedoch über zehn Grad seitlich ab und sind die Wirbel und der Brustkorb rotiert, spricht man von einer dreidimensionalen Verformung der Wirbelsäule. Dies wird als idiopathische Skoliose bezeichnet. Etwa zwei bis drei Prozent der Bevölkerung sind betroffen (Mädchen viermal häufiger als Buben). Die meisten Skoliosen entwickeln sich ohne erkennbare Ursache. Hormonelle, nervliche und muskuläre Störungen werden ebenso diskutiert wie genetische Ursachen. Schmerzen stehen normalerweise nicht im Vordergrund. Meistens ist man sich nicht einmal bewusst, was sich im Rücken abspielt. Fakt ist: Je früher die Erkrankung erkannt wird, desto effektiver kann dem weiteren Fehlwachstum entgegengewirkt werden.

 

Früherkennung einer Skoliose

In der Wachstumsphase sollten Sie den Rücken Ihres Kindes regelmäßig ansehen und den Vorneigetest durchführen. Dabei sollten Sie darauf achten, ob eines der folgenden Merkmale erkennbar ist (Abbildung 1): ◦ allgemeine deutliche Asymmetrie ◦Kopfhaltung ist schräg und/oder nicht in der Mitte ◦unterschiedliche Schulterhöhe ◦ abstehendes und gekipptes Schulterblatt ◦unterschiedliche Taillen-Dreiecke ◦herausstehende Hüfte ◦ eindeutiges Standbein (ein Bein scheint kürzer).

 

Vorbeugetest

Ihr Kind beugt sich mit locker hängenden Armen und durchgestreckten Beinen nach vorne. Stellen Sie sich hinter Ihr Kind und beobachten Sie den Rücken. Erkennen Sie eine Asymmetrie im Bereich der Brustwirbelsäule (Rippenerhöhung, Schulterblätter ungleich hoch) und/oder an der Taille oder am Becken? Wenn sich körperliche Veränderungen bei Ihrem Kind erkennen lassen, sollten Sie dies mit Ihrem Hausarzt oder Ihrer Hausärztin besprechen. Wie geht es jetzt weiter mit Susanne? In der Physiotherapie lernt sie viel über ihre Haltung, zum Beispiel über die Gewohnheitshaltung im Gegensatz zur bewussten Alltagshaltung. Sie bekommt Übungen, die das Ziel haben, eine größtmögliche aktive Aufrichtung der Wirbelsäule zu erlangen. Einer weiteren Verstärkung der skoliotischen Abweichungen soll entgegengewirkt werden. Die Übungen kann sie zuhause, in der Schule oder beim Sport machen. Da Susannes Wirbelsäule 30° von der Norm abweicht, bekommt sie zusätzlich ein Korsett. Die Ursachen für Skoliose sind nicht bekannt; Susannes Mutter hätte sie nicht verhindern können. Aber je früher eine Skoliose erkannt wird, desto schneller kann man mit den richtigen Maßnahmen reagieren und einer Verschlechterung entgegenwirken.

 

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Alida Oorburg

Physiotherapeutin mit Schwerpunkt Haltungsproblematik und Skoliose

Aus der Ausgabe

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2021|06

Bewegt-Magazin Juni 2021

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