Die Tücken von Homeoffice und Schulausfall

Bewegungs­mangel für Groß und Klein

von Dorothea Haslinger

Was ist mit uns passiert? Hat uns Covid-19 die Bewegung genommen? Wie viel Bewegung hatten Sie vor der Krise? Sind Sie ein Bewegungsmuffel oder stets bedacht darauf, ausreichend Bewegung zu machen?

Nein das ist kein Verhör, sondern Fragen, die sich stellen, wenn wir in der physiotherapeutischen Praxis Befunde und Anamnese erheben. Uns Physiotherapeutinnen und -therapeuten fällt auf, dass durch die Ausgangseinschränkungen, die immer wieder notwendig waren, die Bewegungsmotivation bei sehr vielen Menschen geringer wurde – oder ganz verschwand. Auch die Arbeitswelt hat sich stark verändert. Das Büro wurde zum Homeoffice oder der Betrieb hat Kurzarbeit angemeldet. Auch die veränderte Arbeitswelt hat dazu geführt, dass sich die Menschen seltener bewegen. Im Homeoffice fällt nicht nur der Arbeitsweg weg, sondern auch der Weg zum Drucker, zu anderen Kollegen oder zur nächsten Besprechung. Die Treppe zur anderen Abteilung oder einfach nur der Weg zum Treffpunkt Kaffeemaschine: All das fällt aus – und ins Gewicht. Diese vertrauten, fast unauffälligen Bewegungsmöglichkeiten haben wir zuhause nicht.

 

Was können Sie tun?

Beginnen Sie den Arbeitstag im Homeoffice mit einem Arbeitsweg, schlüpfen Sie nach dem gewohnten Frühstück in die Straßenschuhe und drehen Sie eine Runde um den Häuserblock oder, wenn möglich, eine kurze Runde im Grünen. Während der Arbeit unterbrechen Sie die Tätigkeit am gut eingerichteten Büroarbeitsplatz mit dem Weg zur Küche, um etwas zu trinken. Nutzen Sie Treppen in Ihrer Nähe, um manchmal auf- und abzugehen und denken Sie an ein paar Streck- und Dehnübungen, um die Muskulatur zwischendurch mit neuen Aufgaben zu fordern. Nach dem Mittagessen können Sie, sofern es Ihre Zeit erlaubt, wieder eine kurze Bewegungseinheit an der frischen Luft abhalten. Und am Nachmittag? Wieder kurze Pausen mit Ausgleichsbewegungen, die Sie fit und konzentriert bleiben lassen. Versuchen Sie, die Arbeitszeit einzuhalten und Überstunden zu vermeiden. Wichtig ist, Bewegung in den Tagesablauf einzuplanen. Schritte zählen, Stufen steigen, Aktivität im Haushalt und Spazierengehen: Unsere Beweglichkeit zu erhalten ist eine große Aufgabe, um für die Zukunft gerüstet zu sein. Es ist ratsam, Bewegungsprogramme aufzubauen und unseren täglichen Bewegungsbedarf zu decken. Hier können Physiotherapeuten und -therapeutinnen Unterstützung geben, denn ein individuelles Übungsprogramm ist sinnvoll. Ein solches hilft auch, um Herz und Kreislauf fit zu halten.

 

Bewegung für die Kleinen

Kinder konnten während der Corona-Maßnahmen nicht regelmäßig in den Kindergarten oder in die Schule. Sie hatten keinen Schulweg und keine Bewegungspausen, keinen Sport im Unterricht. Vereine haben die Aktivitäten abgebrochen oder nur unter Einschränkungen angeboten. So blieb für die Kinder lediglich das Zuhause, das aber mangels Platz oder Zeit nicht ausreicht, um den kleinen Leuten ausreichend Bewegung zu ermöglichen. Vom Austoben ist keine Rede mehr. Dabei ist Bewegung so wichtig, sei es für die Konzentration, das Wachstum, die Freude oder einfach nur die Zufriedenheit. Auch Jugendliche brauchen ausreichend Bewegung mit Freunden im Verein oder einfach so im Park, im Schwimmbad, in der Turnhalle oder auf dem Fußballfeld. Durch den Wegfall des Schulweges, der eine Strecke ist, die zu Fuß, mit dem Rad oder mit den öffentlichen Verkehrsmitteln bewältigt wird, entfiel außerdem ein Großteil der Sozialkontakte. Die soziale Bindung an die Nachbarschaft gerät ins Wanken. Bedenken Sie: Durch Bewegung kommt es zu Kontakten – und gerade das soll derzeit, bedingt durch Covid-19, vermieden werden. Schlimm! Kinder lernten, dass Bewegung und soziale Kontakte verknüpft und unerwünscht sind. Lassen Sie uns Acht geben, dass diese Verbindung in den Kinderköpfen wieder aufgelöst wird. Kinder brauchen Bewegungsräume, auch in Zeiten von Corona. Hier bleibt die Natur, die Wiese, der Wald, um aktiv zu sein. Wir brauchen wieder Kreativität, um die normalen Bewegungsräume abseits der Spielplätze neu zu entdecken. Kinder tun sich leichter; sie können in der Natur viele Dinge neu entdecken. 

Mit dem Rad unterwegs, die Sportschuhe anziehen und ab nach draußen. Für Jugendliche oft eine neue Erfahrung!

Alles Gute und bleiben Sie in Bewegung!

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Dorothea Haslinger

Koordinatorin des fachlichen Netzwerks Arbeit, Gesundheit und Prävention, MTD Delegierte

Aus der Ausgabe

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2020|09

Bewegt-Magazin September 2020

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