Zur möglichst weitgehenden Reduzierung
von Versuchstieren werden in der Grund-
lagenforschung Zellkulturen eingesetzt.
Zellkulturen sind isolierte Zellen aus Pflan-
zen, Tieren oder Menschen, die unter
bestimmten Bedingungen kultiviert werden.
Doch das Geschlecht dieser Zellkulturen
spielte bisher kaum eine Rolle. Bei vielen
Zellkulturlinien, die handelsüblich erworben
werden können, findet sich keine Ge-
schlechtszuordnung. Dabei wurden bereits
auf Zellebene deutliche geschlechtsspezifi-
sche Unterschiede entdeckt.
Die Medikamentenforschung ist aber nicht
der einzige Bereich, in dem die Sensibilität
für die geschlechtsspezifische Fragestellung
gestiegen ist. In der Grundlagenforschung,
die rein biologische und zelluläre Mechanis-
men analysiert, wird das Geschlecht aus
einer spezifischen Perspektive gesehen:
Weiblich und männlich werden als zwei ver-
schiedene Versionen des gleichen Modells
perspektiviert, und gerade durch diese Be-
trachtungsweise gibt es zahlreiche Möglich-
keiten, verschiedene Geschlechtskriterien
einzubeziehen. Schon bei der Planung sollte
gut überlegt werden, ob und in welcher
Weise das biologische Geschlecht für die
Zielsetzungen des Projekts und für die aus-
gewählten Forschungsmethoden relevant ist.
Daraus wird rasch ersichtlich: Wenn von
Zellkulturen bis hin zu Tierversuchen alle
Faktoren berücksichtigt werden, um ge-
schlechtsspezifisch gerecht zu sein, steht
der Grundlagenforschung noch eine Menge
Arbeit bevor.
Neben Untersuchungen von Geschlechter-
differenzen in der Zellforschung per se
(Zellen, Organellen, Organsysteme, Organis-
men) ist auch der Einfluss von Geschlecht in
seinen zahlreichen weiteren Zusammenhän-
gen (wie etwa dem sozialen Geschlecht –
Gender) eine interessante Fragestellung
(Einbeziehung bestimmter Aspekte bei der
Formulierung wissenschaftlicher Fragen
etc.). Werden etwa geschlechtsspezifische
Gesichtspunkte eher von Wissenschaftlerin-
nen als von Wissenschaftlern miteinbe-
zogen?
Geschlechtsspezifische Zusammenhänge
in ein Forschungsvorhaben zu integrieren,
bedeutet Forschungsfragen und Zielformulie-
rungen durchgängig geschlechterdifferen-
ziert zu betrachten. Von der Grundidee bis
hin zur Formulierung der Forschungsziele
lassen sich maßgebliche Schritte für die
geschlechtsspezifische Analyse setzen. Für
eine optimale Weiterentwicklung der wissen-
schaftlichen Methoden müssen Forschungs-
modelle systematisch heterogener werden,
um geschlechtsspezifischen Unterschieden
gerecht zu werden.
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