physio
austria
inform
Dezember 2012
9
Um sich auf die neue Situation einzustellen (räumliche
Gegebenheiten, viele neue Gesichter und das subjektive
Schmerzbild), braucht es Zeit. Diese Zeit sollte man ge-
währen und in der Interaktion einfühlsam und beruhigend
wirken.
In der Physiotherapie ergeben sich öfters Zielsetzungs-
differenzen. Die treten dann auf, wenn die/der PatientIn
den Therapieablauf und auch die Therapieform selbst
bestimmen möchte, zum Beispiel eine Massage aktiven
Übungen vorzieht. Erfahrungsgemäß kommt es zu dieser
Situation öfters in der Konstellation Physiotherapeutin–
Patient. Diese Tatsache kann auf das Gender-Main-
streaming in der Kommunikation zurückgeführt werden.
DIE EBENE DER ANGEHÖRIGEN
Die Kommunikation mit den Angehörigen erfordert
Fingerspitzengefühl. Sie befinden sich meistens in einer
Stresssituation. Die selektive Wahrnehmung lässt nur
einen Teil des Gesagten durch, während die psychischen
Abwehrmechanismen aktiv sind. Es gilt die Devise
»Zeit nehmen, beruhigend wirken, mehrmals erklärend
wiederholen«. Die Kommunikation soll authentisch
ablaufen, die verbalen und nonverbalen Anteile sollten
sich decken.
Der Stand der Dinge sollte nicht nur am PatientInnenbett
oder während der Visite mitgeteilt werden, sondern in
einem ruhigen Raum, in entsprechendem Ton. Auch mit-
tels Körperhaltung sollte Einfühlungsvermögen während
des Gesprächs signalisiert werden. So sollte man etwa
einen Sitzplatz anbieten, sich selbst setzen, aktiv zuhören
und empathisch sein. Solch ein Gespräch muss erfah-
rungsgemäß während des Klinikaufenthalts/der Therapie
mehrmals stattfinden beziehungsweise wiederholt
werden.
Negative Gefühle breiten sich schneller aus als positive.
Distress, Zweifel und Angst sind Elemente, die zur Stö-
rung in der Kommunikation führen und auch die selektive
Wahrnehmung stark beeinflussen. Die Gefühls- und
Wahrnehmungswelt ist ein wichtiger Faktor, der im
klinischen/therapeutischen Kommunikationsalltag in den
PatientInnenbereich mit einzubeziehen ist. Die familiäre
und soziale Matrix, eventuelle transkulturelle Komponen-
ten sowie Genderaspekte sind zu berücksichtigen.
Wenn es um die medizinische Behandlung und die
Genesung geht, ist die Kooperationsbereitschaft und
das Vertrauen der Angehörigen während der Versorgung,
Betreuung und Behandlung ihrer »Liebsten« eine
Notwendigkeit.
Eine positiv-expressive, einfühlsame und motivierende
Kommunikationsform bildet die Grundlage für die
Bewältigung der belastenden Lebensumstände. Sie
ist ein unumgänglicher Bestandteil des Prozesses der
PatientInnenbehandlung auf dem Weg zur Genesung.
Erratum
In der inform-Ausgabe
Nr 4/2012 ist ein bedauer-
licher redaktioneller Irrtum
passiert. Beim Artikel »Das
Bobath-Konzept im Focus«
(Seite 8-11) wurde irrtümlich
Marlies Klingesberger, PT
als Autorin ausgewiesen.
Der Artikel stammt jedoch von
Frau Christine Neugebauer,
MSc, PT.
Die inform-Chefredaktion
bedauert diesen Irrtum
außerordentlich.
LITERATUR
Fialka-Moser, Veronika,
Vacariu, Gerda, Herceg,
Malvina (2004) Physikalische
Medizin und Rehabilitation
unter geschlechtsspezifischen
Aspekten. In: Rieder Anita,
Lohff Brigitte (Hgg.) Gender
Medizin, geschlechtsspezifi-
sche Aspekte für die klinische
Praxis. Springer Verlag Wien,
S. 243–256.
Kordes, Gert-Jan (2011)
Der Einfluss einer ipsilateralen
zervicalen lateralen Gleit-
bewegung auf die Ellbogenex-
tension im upper limb neuro-
dynamic Test 1. Masterthesis.
Kozomara, Ana (2011)
Kommunikation mit dem Kind
als Patient. Masterthesis.
König Reiner, Feldner Juliane
(2007) Gender Mainstreaming
und die Kommunikation.
[Zugriff am 18.04.2011].
Probst, Koeselnig (2008)
Die Bedeutung der Kategorie
Geschlecht in den Gesund-
heitsberufen. In: Haasper
Ingrid, Jansen-Schulz Bettina
(Hgg.) Key Competence:
Gender. LIT Verlag Berlin,
S. 245–248.
Stahl, Eberhard (2007)
Dynamik in Gruppen. Hand-
buch der Gruppenleitung.
2. Auflage, Beltz Verlag
Weinheim und Basel.
GENDERPHYSIOTHERAPIE
Ana Kozomara, MSc, MBA
Christine Neugebauer,
MSc, PT
ist freiberuflich als Physio-
therapeutin tätig, unterrichtet
an der FH Gesundheitsberufe
OÖ und an der Pädagogischen
Hochschule in Linz. Seminar-
und Vortragstätigkeit.
© contrastwerkstatt - Fotolia.com
1,2,3,4,5,6,7,8 10,11,12,13,14,15,16,17,18,19,...32