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Dezember 2012
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GENDERPHYSIOTHERAPIE
Ana Kozomara, MSc, MBA
Erfahrungsgemäß ergeben sich aus dem Genderaspekt
kommunikative und kulturell geprägte Situationen in der
Therapie, die sorgfältig behandelt werden müssen.
Hier folgen zwei Beispiele aus der Praxis:
I.
Wenn sich eine Patientin, die der Islamischen Glaubens-
gemeinschaft angehört, nach einer Knie- oder Hüftge-
lenksoperation hierzulande zur Therapie begibt, wird sie
in männlicher Begleitung kommen und selbstverständlich
eine Physiotherapeutin – eine weibliche Person – als
Behandelnde wünschen und auch bekommen. Hier geht
es nicht nur um »Working Gender«, sondern auch um
transkulturelle Kompetenz in der Therapie.
II.
Besonders ältere und betagte Menschen neigen dazu,
Physiotherapeutinnen mit »Schwester«, Physiotherapeuten
mit »Herr Doktor« anzusprechen. Diese Abstimmungs-
differenzen ergeben sich durch dienstleistungserbrin-
gende Geschlechterdominanz zweier stark vertretener
Berufsgruppen, Ärzte und Pflege. Durch diese praktische
und stereotype Zuordnung werden automatisch der
Bildungsgrad, das Fachwissen und die Entscheidungs-
kompetenz eingestuft. Mit dieser Einstufung wird auch
Macht vermindert oder vermehrt zugesprochen. Dadurch
haben Physiotherapeutinnen einen schlechteren Stand als
ihre männlichen Kollegen. Diese persönliche Erfahrung
gleicht dem Ergebnis, das die Auswertung von Interviews
mit PhysiotherapeutInnen in Deutschland brachte.
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