30
physio
austria
inform
Februar 2015
UMFRAGE
Gudrun Diermayr, PhD, Herbert Schachner, MSc
Evidenzbasierte Praxis (EBP) beschreibt ein
therapeutisches Vorgehen, bei dem die klini-
sche Erfahrung des/der BehandlerIn, die
Wünsche und Werte des/der PatientIn sowie
Ergebnisse aus systematischer Forschung in
der klinischen Entscheidungsfindung berück-
sichtigt werden (Sackett et al. 1996). Ergeb-
nisse aus systematischer Forschung durch
Studien mit hoher methodischer Qualität
und physiotherapeutischer Relevanz sind in
unterschiedlichen klinischen Bereichen vor-
handen und ermöglichten die Entwicklung
internationaler, evidenzbasierter physiothe-
rapeutischer Leitlinien (z.B. Bekkering et al.
2003, Keus et al 2004, Langer et al. 2009).
Untersuchungen zeigten, dass die Anwen-
dung von EBP bzw. Leitlinien sowohl die Zu-
friedenheit von PatientInnen als auch deren
Funktionsfähigkeit gesteigert hat, sowie zu
einer Kostenreduktion führte (z.B. Munneke
et al. 2010, Fritz et al. 2007). Trotz dieser
bekannten Vorteile stehen der Einführung
bzw. Anwendung von EBP Barrieren gegen-
über, die sich auf organisatorischer Ebene,
auf der TherapeutInnen- oder auf PatientIn-
nen-Ebene befinden (z.B. Salbach et al.
2007, Scurlock-Evans et al. 2014). Um den
Prozess der EBP Implementierung in Öster-
reich gezielt zu unterstützen, ist es notwen-
dig, die Ausgangslage zu kennen. Daher war
das Ziel dieser Studie, den aktuellen Stand
der EBP Implementierung bei österrei-
chischen PhysiotherapeutInnen zu unter-
suchen sowie Faktoren zu identifizieren,
die die Anwendung von EBP beeinflussen.
Implementierung der
evidenzbasierten Physiotherapie
Auszug aus den Ergebnissen einer Umfrage
Die Ergebnisse der Umfrage zeigen, dass der aktuelle Stand
der Anwendung von evidenzbasierter Praxis in Österreich niedriger
ist als in Ländern, aus denen vergleichbare Daten vorliegen.
Methode
Zur Beantwortung der Forschungsfragen
wurde eine prospektive Querschnitts-Online-
Befragung unter den Mitgliedern von Physio
Austria durchgeführt. Der Online-Fragebo-
gen wurde mit Hilfe des Programms ‚Survey
Monkey‘ erstellt. PhysiotherapeutInnen mit
Diplom/Bachelor of Science, die zur Zeit der
Umfrage in Österreich klinisch tätig waren,
wurden in die Studie eingeschlossen. Um
eine möglichst hohe Beteiligungsrate zu er-
zielen, wurde die Aussendung der Umfrage
an die 4.050 per E-Mail kontaktierbaren
Mitglieder nach der Dillman-Methode durch-
geführt (Dillman 2007). Sämtliche Daten
wurden in anonymisierter Form erhoben und
bearbeitet. Die Studie wurde von der Ethik-
kommission der Medizinischen Universität
Wien genehmigt. Die Entwicklung des Frage-
bogens war Literatur- (Salbach et al. 2007,
Jette et al. 2003) und Theorie-geleitet (Ajzen
1991) und beinhaltete ExpertInnen-Inter-
views sowie eine dreiphasige Pilottestung.
Details zur Fragebogen-Entwicklung werden
in der veröffentlichten Studie zu lesen sein.
Die Endversion des Fragebogens bestand
aus 52 Fragen (Items), die neun Rubriken
zugeordnet wurden (Einstellungen zu EBP,
subjektive Norm, empfundene EBP-Kompe-
tenzen, Umsetzung von EBP-Aktivitäten,
EBP-Training, Kenntnisse von Forschungs-
ergebnissen, Ressourcen am Arbeitsplatz,
EBP-Barrieren, demographische Informatio-
nen). Die Datenbearbeitung zur Beantwor-
tung der primären Fragestellung (aktueller
Stand der EBP Implementierung) erfolgte
deskriptiv (Antwortfrequenzen und deren
prozentuelle Aufteilung). Antworten auf die
sekundäre Fragestellung (Einflussfaktoren
für eine EBP Anwendung) wurden durch
einfache und multiple Regressionsverfahren
ermittelt.
Aus der Praxis
Evidenz
1...,20,21,22,23,24,25,26,27,28,29 31,32,33,34,35,36,37,38,39,...40