inform Nr.2 April 2014 - page 19

physio
austria
inform
April 2014
19
PALLIATIV
Eva Müllauer
Bei der Behandlung Schwerstkranker – vor allem im
extramuralen Bereich – sollte das Augenmerk auf die be-
treuenden Angehörigen gelegt werden, bevor diese auch
zu PatientInnen werden. Sie opfern sich nur allzu oft auf,
vergessen auf ihre eigene physische und psychische Ge-
sundheit und bedürfen qualitätsgesicherter Information,
die ihnen von PhysiotherapeutInnen vermittelt werden
kann. Es kann hilfreich und notwendig sein, nicht nur da-
rauf hinzuweisen, wie den PatientInnen geholfen werden
kann, sondern auch, wie die Pflegenden mit ihren eige-
nen Ressourcen und ihrer Gesundheit umgehen sollten.
Information und Angebote im Sinne der Gesundheits-
förderung vor Ort wären eine lohnenden Aufgabe.
Wie liegt die Sachlage nun mit jenen PatientInnen, deren
Eltern die Diagnose einer (noch) unheilbaren Erkrankung
nach einem Neugeborenen Screening, erfahren und alles
daran setzen, ihren Kindern ein langes und möglichst
beschwerdearmes Leben zu ermöglichen? Kinder, die
heutzutage geboren werden und an Cystischer Fibrose
(CF) erkrankt sind, haben eine um vieles höhere Lebens-
erwartung als noch vor 30 Jahren, wo die wenigsten das
Erwachsenenalter erreicht haben. Wie gut es ihnen in
diesen Jahren geht, hängt einerseits von der Art des
Gendefektes ab und andererseits von der Compliance
und Therapieadhärenz. Vom Kleinkindalter an dominieren
vor allem bei den Schwerbetroffenen die Sorge um Ge-
wichtszunahme und Vermeidung bzw. rasche Behandlung
von Infekten den Alltag. Häufige Besuche in den CF-Am-
bulanzen, viele Medikamente, Physiotherapie, gelegentli-
che oder sogar häufige Krankenhausaufenthalte mit in
Folge nicht so selten auftretenden Problemen in der
Schule oder später am Arbeitsplatz gehören zum Leben.
Den PhysiotherapeutInnen, die in Österreich in inzwi-
schen zwölf Zentren für CF arbeiten, kommt in diesem
Prozess eine nicht unwesentliche Rolle zu. Da bei vielen
Betroffenen die Probleme mit der Lunge im Vordergrund
stehen und abnorm zäher Schleim, Husten und Atemnot
das Leben der PatientInnen erschweren, ist der Einsatz
von kompetenten Atem-PhysiotherapeutInnen unum-
stritten. Vom Säuglingsalter an begleiten sie die Patien-
tInnen und deren Eltern und versuchen zu motivieren,
zu trösten, die Therapie an die jeweilige Situation (Infekt,
Keimbefall, nötige Operation im HNO-Bereich, …) anzu-
passen, damit die Betroffenen das Ziel, ein möglichst
langes und möglichst beschwerdefreies respektive be-
schwerdearmes Leben, erreichen. Junge Frauen werden
immer öfter durch Schwangerschaften begleitet, die
genauso wie in der Zeit danach, wo die Aufmerksamkeit
mehr dem Baby als der eigenen Gesundheit gilt, durch-
aus ein gewisses Risiko für die CF-Mütter darstellt.
Ein wichtiges Therapieziel, das die CF-Mütter mit ihren
PhysiotherapeutInnen definieren könnten, wäre die The-
rapiekontinuität aufrechtzuerhalten, um möglichst lange
für den Nachwuchs sorgen zu können - so gesund wie
möglich trotz progredient fortschreitender Erkrankung.
Training ist ein wesentliches Element in der Therapie von
CF-PatientInnen, das manche junge Männer zu Höchst-
leistungen anspornt. Selbst Bodybuilding oder Kraft-
dreikampf zählen zu den Sportarten, die mitunter durch-
geführt werden. Gefährlich wird es dann, wenn mit zu
vielen Proteinen als Nahrungsergänzung gearbeitet wird.
Verhilft dies im jugendlichen Alter zu schönen Muskeln
trotz progredienter Erkrankung, ist die Folge nicht selten
eine schwere Nierenfunktionsstörung, die unter Umstän-
den mit Dialysepflicht endet. Ein nicht unwesentliches
Gesundheitsziel scheint daher zu sein, die Trainingspla-
nung und –beratung so zu gestalten, dass den PatientIn-
nen auch allfällige Risiken in aller Deutlichkeit vor Augen
geführt werden. Dialysepflichtig zu sein und sich viel-
leicht eines Tages doch einer Lungentransplantation oder
gar einer Doppeltransplantation (Lunge und Niere) unter-
ziehen zu müssen, birgt ein enormes Risiko davor, dabei
oder kurz danach zu versterben.
© Sandor Kacso - Fotolia.com
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