inform Nr.2 April 2014 - page 23

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austria
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April 2014
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ENTWICKLUNGSZUSAMMENARBEIT
Dr. Klaus Ebenhöh
Arbeiten in Afrika
Die Behandlung von Regina brachte Martina Marschal
das erste Mal in den stationären Bereich des Lubaga
Hospitals, in denen für PatientInnen Einzel- bis 4er-
Zimmer zur Verfügung stehen. Die Therapeutin fand
Regina in einem kleinen Einzelzimmer mit vielen Ange-
hörigen. Darin waren ein Bett, ein Sessel mit Lehne und
eine Schilfmatte, die auf dem Boden ausgerollt lag und
als Sitz- und Schlafplatz für die Angehörigen diente.
Kaum Platz für sie und die therapeutische Behandlung.
»Der erste Anblick war erschreckend«, sagt sie, »durch
den Schlaganfall hatte Regina die Sprache verloren; an
der rechten Körperhälfte war nicht mal eine Muskelzu-
ckung zu sehen – und das bei einer Frau, die genauso
alt ist wie ich.« Für die gebürtige Mistelbacherin gab es
daher nur eine Devise: Ärmel hochkrempeln, zweimal
täglich Therapie, Hausaufgaben für zwischendurch
geben. Zusätzlich noch ein paar Übungen für die
Handfunktion und Versuche die Sprache zu fördern –
ErgotherapeutInnen und LogopädInnen gibt es am
Lubaga Hospital keine.
Die Ferne hautnah
Martina Marschal war schon immer fasziniert von frem-
den Ländern und Kulturen, sagt sie. Nachdem sie am
AKH Wien 2006 diplomierte, sammelte sie Berufserfah-
rung an der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheil-
kunde am AKH Wien, dem Ambulatorium der VKKJ in
Mistelbach und in der Sonderkrankenanstalt für medizi-
nische Rehabilitation, dem Thermenhof in Villach. »Als
eine Beraterstelle in einem Projekt bei HORIZONT3000
ausgeschrieben war, auf das mein Profil passte, zögerte
ich nicht lange.« Schon lange träumte sie davon in eine
fremde Kultur einzutauchen und die Menschen direkt
mit ihren Fähigkeiten zu unterstützen. Nach einem zwei-
monatigen Vorbereitungskurs in Wien ging es für sie ab
nach Afrika. Im Lubaga Hospital erwartet sie jedenfalls
viel Arbeit: Die komplette Neugestaltung der Abteilung
Physiotherapie steht bevor. Die Schwerpunkte sind
vielfältig: Das Angebot Physiotherapie im Spital selbst
soll verbessert werden, vorhandenes Potenzial, wo
man in den Abteilungen tätig werden kann, soll aufge-
zeigt werden und die neue Abteilung selbst muss
strukturiert werden – Elemente wie Befundaufnahme,
Dokumentation und Therapieplan sollen erarbeitet
werden.
Physiotherapie in Uganda
»Als ich ankam, war gerade der Neubau eines Physio-
raumes im Gange. Es war der perfekte Zeitpunkt ein-
zusteigen und beim Aufbau der neuen Abteilung von
Anfang an beratend zur Seite zu stehen«, erzählt Mar-
tina Marschal. Physiotherapie ist in Uganda nicht sehr
weit verbreitet. Der lokale Therapeut am Lubaga Hos-
pital schätzt die Anzahl der praktizierenden Physiothe-
rapeutInnen in Uganda auf etwa 200. Bis vor zwei
Jahren gab es in ganz Uganda nur eine einzige Ausbil-
dungsstelle. Seit der Einführung des Bachelorstudiums
gibt es nun zwei weitere Ausbildungsplätze. Danach
einen Job zu finden, ist sehr schwierig, viele müssen
mangels Arbeitsplätzen wieder zu ihrem Ursprungs-
beruf zurückkehren. »Selbst am Lubaga Hospital gibt
es bei 274 Betten und dem Angebot, ambulant zur
Therapie zu kommen, nur einen vollzeitbeschäftigten
Physiotherapeuten und eine vollzeitbeschäftigte
Assistentin«, erklärt sie. Zur Anwendung kommen
Ströme, Infrarotwärme, Kurzwelle, ein Traktionsbett
und Massagen.
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