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physio
austria
inform
Februar 2012
Themenschwerpunkt
Geriatrie
Angst, dass Bedürfnisse nicht mehr wahr-
genommen werden. Veränderungen an
Organen und Geweben sind meist irreversi-
bel und häufig irreparabel. Auch die betreu-
enden Personen können Probleme haben
und die PatientInnen über- oder unterfor-
dern. Die Orientierung am ICF-Modell ist
unabdingbar.
Therapieziele zu setzen, bedeutet mit den
PatientInnen Arbeitsgemeinschaften einzu-
gehen, an kurz- oder längerfristigen Heraus-
forderungen zu arbeiten und dieser Arbeit
klare Strukturen zu geben. Die Zielsetzung
kann sich während der Behandlungsserie
ändern, Prioritäten müssen gesetzt werden.
Oft stehen nur knappe Ressourcen zur
Verfügung, die optimal ausgenützt werden
müssen. Eine subjektive Besserung kann
durch Veränderung der äußeren Umstände,
durch entlastende Maßnahmen, durch
Übung und Training aber auch durch Bera-
tung, Gespräche oder Vermitteln weiterer
professioneller Unterstützung erreicht
werden.
Zur Behandlung können unterschiedlichste
Methoden eingesetzt werden. Physiothera-
peutInnen bringen Spezialwissen, Techniken
und Erfahrungen mit, aber auch jede Patien-
tin/jeder Patient hat Ressourcen, besondere
Begabungen und Interessen. Auch die Räum-
lichkeiten und Fähigkeiten der Angehörigen
können in die Behandlung einbezogen
werden. Diese Arbeit kann lustvoll, kreativ
und auch für die BehandlerInnen sehr
bereichernd gestaltet werden. Die Aussicht
wieder auf der Harmonika zu spielen, im
eigenen Garten zu gehen, ein tägliches
Gymnastikprogramm zu haben, eine Ausstel-
lung zu besuchen, etc. motiviert und lässt
manche Schwierigkeit überwinden.
Die Aufgabe der PhysiotherapeutInnen ist
es, einen sicheren Übungsrahmen zu ge-
währleisten, die Schritte zum Erfolg zu ge-
stalten und der Leistung Anerkennung zu
zollen. Nach Behandlungsabschluss sollten
die PatientInnen etwas erlernt haben, was
diese selbst oder mit Hilfe und auf Anregung
der Angehörigen weiterführen können.
Das kann durchaus auf niedrigerem
Leistungsniveau aber ein Erfolg sein z.B.
sicheres Ausfahren mit einem Rollator und
Gleichgewichtsübungen statt Stürze ohne
Gehhilfe zu riskieren. Der für die Pflegeper-
son Kraft sparende Transfer kann ungesi-
chertes Selbstaufstehen ersetzen. Ein nach
vorne gebeugtes Gehen mit Krücken kann
eine bessere Lösung eines Problems sein als
»Aufrichten«.
Neben der Arbeit an und mit Bewegung
kommt auch den Berührungstechniken eine
große Bedeutung zu. Es kommt auf die/den
PhysiotherapeutIn und natürlich auf die Per-
sönlichkeit und Situation der PatientInnen
an, ob »hands off« oder »hands on« Techni-
ken zu Einsatz kommen. Massagen, passives
oder assistives Bewegen, Atmen mit Hand-
kontakt, Anfassen bei Transfers und Gehen
werden oft als hilfreich und den Körper wert-
schätzend erlebt und tragen zu einer besse-
ren Körperwahrnehmung und einem
positiven Selbstbild bei. Für die TherapeutIn-
nen ist es wichtig zu beachten, dass sie bei
einem Hausbesuch immer in die persönliche
Sphäre der PatientInnen eintreten, sozusa-
gen als BesucherInnen, und dass daher be-
sonders beim Berühren Behutsamkeit und
Takt erforderlich ist.
Die PhysiotherapeutInnen können einen
wertvollen Beitrag zur Entwicklung und
Organisation der multiprofessionellen Unter-
stützung geriatrischer PatientInnen leisten.
Zur Optimierung der PatientInnenversorgung
ist das Vernetzen der in diesem Bereich
arbeitenden KollegInnen nötig. Freiberufliche
PhysiotherapeutInnen, die mit Hausbesuch
arbeiten, und PhysiotherapeutInnen der
mobilen Dienste sollen Physiotherapie mit
Hausbesuch bei geriatrischen PatientInnen
und auch die palliative Physiotherapie bei
Schwerstkranken als berufliche Heraus-
forderung annehmen.
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