Menschen mit fortgeschrittenem Alter
stellen sich viele Fragen – etwa über ihren
Lebensinhalt in der Pension oder den Um-
gang mit dem Verlust von geliebten Men-
schen. In diesem Zusammenhang stellt
sich auch das Thema Isolation gepaart mit
geringerer Bewegungsfreiheit und kleineren
Bewegungsradien. Zu diesen sozialen
Herausforderungen kommen physiologische
Prozesse, die als natürlicher Alterungsverlauf
gelten und die es zu erkennen und präventiv
zu beeinflussen gilt.
Dazu gehört der Verlust von Kraft und Aus-
dauer, die Verlangsamung in allen Fortbewe-
gungen, Schwierigkeiten bei der Aufrichtung
gegen die Schwerkraft – die Wirbelsäule
verändert ihre Krümmungen und verliert ihre
Bewegungsfreiheit vor allem in der Drehung
und Streckung. Die praktische Erfahrung
zeigt jedoch als Hauptproblem beim Altern
den Verlust der freien Gehfähigkeit.
Freie Gehfähigkeit bedeutet mehr als nur
Gehen am Stück. Es bedeutet freie Fortbe-
wegung im Alltag. Daran geknüpft sind Funk-
tionen wie Stehen bleiben, Umdrehen, sowie
ein Gehen Bergauf und Bergab, und das
Überwinden von Gehsteigkanten. Freies
Gehen ist neben der bloßen Fortbewegung
auch Orientierung und Kommunikation: man
schaut zum Ziel, man kann aber auch den
Blick vom Ziel abwenden und sich umsehen,
ob zum Beispiel ein Auto kommt. Oder man
kann sich beim Gehen auch mit Mitmen-
schen unterhalten ohne dazu Stehenbleiben
zu müssen.
Die freie Gehfähigkeit erlangt der Mensch
mit dem ersten Lebensjahr. Die motorische
Entwicklung endet jedoch nie. Im Alter
kommt es zu einem physiologischen Abbau
von Funktionen und zum Verlust von Fähig-
keiten. Darin besteht die Herausforderung
in der Betreuung der Menschen in der Geria-
trie. Unsere Aufgabe liegt nicht nur in der
Behandlung von altersbedingten Störungen,
wenn diese sich schon manifestiert haben,
sondern vor allem in der Prophylaxe gegen
die Abnahme von Funktionen, welche die
Fortbewegung ermöglichen.
Die Elemente der freien Gehfähigkeit sind in
Anlehnung an Sten Grillner
1,2
die gleichen
wie bei jeder Form der Fortbewegung: Fort-
bewegung ist arttypisch (beim Menschen bi-
pedal), zyklisch, reziprok und automatisch.
Die physiotherapeutischen Befundparame-
ter, sowie die Therapie möchten diese Sys-
teme ansprechen, um am Verlust der
Fortbewegung anzusetzen.
Sturzprophylaxe
mit Hilfe der
Vojta Therapie
Themenschwerpunkt
Geriatrie
Die Physiotherapie bei älteren PatientInnen steht vor
etlichen Herausforderungen. Mit Hilfe der Vojta Therapie
ist ein physiotherapeutischer Ansatz zur Sturzprophylaxe
(und damit zum Erhalt der freien Gehfähigkeit) möglich.
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