physio
austria
inform
Februar 2012
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Im Alter sind Gangstörungen häufig. Die
Prävalenz für neurologische und nicht-
neurologische Gangveränderungen bei
über 70-jährigen beträgt 35 Prozent.
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Einschränkungen der Mobilität mindern die
Lebensqualität erheblich. Schwierigkeiten
sich außerhalb des Hauses zu bewegen
führen zu einer Verringerung der Anzahl von
sozialen Kontakten und zu einer weiteren
Abnahme der körperlichen Leistungsfähig-
keit auf Grund von Bewegungsmangel.
Zusätzlich können durch Gangstörungen
verursachte Stürze zu Verletzungen führen
und tragen zu einer weiteren Einschränkung
von körperlichen Aktivitäten bei.
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Einige Veränderungen des Gangbildes im
Alter können physiologischen Altersverände-
rungen zugeordnet werden und müssen von
krankhaften Befunden abgegrenzt werden.
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Gesunde Ältere wählen eine langsamere
Gehgeschwindigkeit
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mit kürzerer Schritt-
länge
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und kürzerer Schwungbeinphase.
Eine auffällige Abnahme der Gehgeschwin-
digkeit wird ab einem Alter von 60-70 Jahren
beobachtet.
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Nicht-neurologische Gangabweichungen:
Internistische Erkrankungen wie Herzinsuffi-
zienz und pAVK führen zu einer reduzierten
Ausdauer- und Kraftleistung. Eine Verlang-
samung des Gehtempos bewirkt eine Reduk-
tion des Sauerstoffverbrauchs und damit
Abnahme der Belastung für das kardiopul-
monale System.
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Muskuloskelettale Veränderungen können
die Belastungsfähigkeit des Standbeines
reduzieren. Die Folge ist eine reduzierte
Schrittlänge und/oder Ausweichbewegun-
gen und Hinkmechanismen. Bei Beschwer-
den im Bereich der Wirbelsäule wird die
Gehgeschwindigkei t reduziert, weil die
Belastung des Standbeines und die Intensi-
tät des Fersenaufpralls mit abnehmender
Gehgeschwindigkeit abnimmt
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und die
Bewegungen zwischen Thorax und Becken
verlangsamt und verringert werden.
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Neurologische Gangabweichungen:
Neurologische Gangstörungen im Alter
werden häufig basierend auf Gangbeobach-
tungen, Balancetests und neurologischen
Testungen – unabhängig von Ätiologie und
anatomischer Zuordnung – nach der Klassi-
fikation von Snijders et al.
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eingeteilt:
Der paretische/hypotone Gang wird
verursacht durch Schwäche, Atrophie oder
fehlende Reflexe. Bei einem einseitig spasti-
schen Gang entwickelt sich häufig ein
Wernicke-Mann-Gangbild mit Zirkumduktion
des im Knie gestreckten und im Sprungge-
lenk in Plantarflexion und Inversion einge-
stellten Beines. Typischerweise wird der
Oberkörper zusätzlich zur Gegenseite
bewegt damit das spastische Bein leichter
vom Boden gelöst werden kann.
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Die spastische Paraparese ist durch ein
langsames, mühevolles Gangbild gekenn-
zeichnet. Häufig kommt es zu einem Über-
kreuzen der Beine, dem »Scherengang«.
Ein vestibulärer Gang entsteht bei vesti-
bulären Störungen und führt beim Gehen
zu einer Deviation zur Seite. Eine deutliche
Abweichung in eine Richtung ist bei peri-
pheren Störungen häufig, bei zentral-
vestibulären Störungen ist keine klare
Richtungstendenz erkennbar.
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Die Gang-
abweichung wird verstärkt wenn die Augen
geschlossen sind.
Eine gestörte Propriozeption ist die Ursache
für einen sensorisch-ataktischen Gang,
welcher durch ein breitbasiges, schwanken-
des Gangbild auffällt.
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Diese Gangstörung
wird bei geschlossenen Augen verstärkt.
Teilweise versuchen Betroffene mit über-
triebenem Aufstampfen zu gehen um den
propriozeptiven Input zu erhöhen.
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Beim zerebellär-ataktischen Gang gehen
Betroffene unregelmäßig, breitbasig und
unsicher. Die Schritte sind dysmetrisch in
der räumlichen und dyssynergistisch in der
zeitlichen Schrittsetzung.
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Bei komplexeren
Gehtestungen kommt es zu einer deutlichen
Zunahme der Gangunsicherheit,
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geschlos-
sene Augen verstärken die Ataxie nur
wenig.
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Gangstörungen
im Alter
MOBILITÄT
Gerti Wewerka, MSc, PT
Gangstörungen zählen zu den häufigen Leiden des Alters.
Einschränkungen der Mobilität mindern die Lebensqualität
tatsächlich erheblich.
Gerti Wewerka, MSc
Leitende Physiotherapeutin
an der Christian-Doppler-
Klinik und Leiterin der Fach-
gruppe Geriatrie bei Physio
Austria. Sie unterrichtet an
der FH Salzburg im Bachelor-
studiengang Physiotherapie
»Physiotherapie Geriatrie«.
Weiters unterrichtet sie an
der FH Campus Wien im
Masterstudiengang Physio-
therapie »Assessments«.
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