Claudia Beckmann
beendete 1986 die Ausbildung zur Physiotherapeutin
am AKH Wien und war danach als Physiotherapeutin
am RZ Weißer Hof in der Erwachsenenneurologie tätig.
2009 gründete sie das Kompetenzzentrum Querschnitt
und arbeitete in der eigenen Praxis »Physiotherapie
Aigen« in Salzburg.
Sie unterrichtete an der Fachhochschule St.Pölten
und an der Akademie für Physiotherapie am KFJ-Spital
in Wien.
physio
austria
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Februar 2012
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Assessment
Ein gutes Assessment stellt der Timed Up
and Go Test (TUG) dar. Dieser ist für die
Arbeit in der Geriatrie evaluiert und als aus-
sagekräftig bekannt.
3,4
Der/die PatientIn
muss dabei von einem Stuhl aufstehen, eine
Strecke von drei Metern gehen, umdrehen,
zurückgehen und sich wieder setzen. Dabei
wird die Zeit gemessen und bewertet. Ist das
Tempo nach der Therapie rascher, bedeutet
dies, dass etwas an der Automatik, an der
Steuerung der Fortbewegung verändert
werden konnte.
Ein weiteres aussagekräftiges und einfaches
Assessment ist der Ein-Beinstand. Ein Ein-
Beinstand von mehr als drei Sekunden auf je
einem Bein, stellt das höchste Lokomotions-
muster in der motorischen Entwicklung dar.
Mängel an Aufrichtemechanismen und
Haltungssteuerung machen sich hier direkt
bemerkbar und lassen sich in Bildern doku-
mentieren.
Therapie
Die Vojta Therapie (auch Reflexlokomotion
nach Vojta
5,6
) beinhaltet Fortbewegungs-
muster, die abgerufen und gebahnt werden.
Sie ist ein neurophysiologisches Behand-
lungskonzept, welches unbewusst, also
reflektorisch alle Schaltebenen des
Zentralen Nervensystems bedient. Die
Fortbewegungskomplexe, Reflexkriechen
und Reflexumdrehen enthalten die vorher
genannten Elemente der Fortbewegung:
Reflexlokomotion ist zyklisch, reziprok und
automatisch abrufbar.
Reflexlokomotion nach Vojta
Aus genau definierten Ausgangsstellungen wird über
Zonen mit dreidimensionalem Druck eine Aktivierung,
das Fortbewegungsmuster Kriechen oder Drehen,
erreicht. Der/Die TherapeutIn steuert das Muster
über Zonenkombinationen und Widerstände. Die
motorische Antwort auf die Reizsetzung ist ein phy-
siologisches Fortbewegungsmuster das idealerweise
in die Spontanmotorik übernommen wird. Diese
Muster werden reflektorisch aktiviert, der/die
PatientIn erhält keine Bewegungsaufträge.
Die Autorin hat ältere PatientInnen mit dem TUG
physiotherapeutisch befundet. Einerseits um den
Soforteffekt einer Therapie zu dokumentieren, ande-
rerseits um die Menschen in größeren Abständen in
ihrer Gangleistung zu kontrollieren und beim Älter-
werden zu begleiten. Bei allen kommt es zu oben
beschriebenem Soforteffekt – der TUG ist nach der
Vojta Therapie rascher. Bei vielen kam es nach einer
Sturzserie zum Therapieeinstieg zu keinen weiteren
Stürzen mehr. Die Vojta Therapie stellt damit in ihrer
Idee und auch in der praktischen Umsetzung ein adä-
quates Therapiemittel dar. Das Älterwerden und den
Abbau kann man nicht verhindern, aber wichtig ist
es die beginnenden Anzeichen eines Verlusts der
freien Gehfähigkeit zu erkennen und die Ursache
zu behandeln.
Mehr Information zur Vojta Therapie unter
MOBILITÄT
Claudia Beckmann, PT
LITERATUR
1
Grillner S. ( 1985)
Neurobiologische Grund-
lagen des rhythmischen
motorischen Handlungen
in Wirbeltieren.
Science 228:143-149.
Wissenschaft 228:143-149.
2
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Physiol. Rev. 55:247-304.
Rev. 55:247-304. )
3
Arbeitsgruppe Neurologie,
Physio Austria, Assessments
in der Neurologie, 2009
4
Herman T., Gildi N. Hausdorff
»Properties of the TUG,
more than meets the age«,
aus der Fachzeitschrift
Gerontoloy 57(3),
203-10, 2011
5
Vojta, Peters, 2007
Das Vojta-Prinzip,
Springer Verlag
6
Vojta, 2000
Die cerebralen Bewegungs-
störungen im Säuglingsalter,
Hippokrates
Fotos: Claudia Beckmann
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