inform Nr.4 September 2014 - page 9

Pflegende Angehörige, Palliativ Care
und Physiotherapie
Das gesunde Altern hat seine Grenzen. Die steigende
Zahl älterer Menschen und Hochbetagter wird nicht mehr
in den Seniorenhäusern Platz finden – es werden zu viele
sein. Daher werden die Angehörigen immer länger die
Pflege übernehmen müssen. Diese sind aber dafür, wie
wir schon heute erkennen können, nicht gerüstet.
Die Schulung der Angehörigen in Bezug auf die Bedürf-
nisse ihrer hochbetagten Familienmitglieder, könnte ein
großes Tätigkeitsfeld für PhysiotherapeutInnen werden.
Bewegung, Umgang und Alltagsabläufe für die Pflegebe-
dürftigen sollen gelehrt werden – und der Hausbesuch
durch PhysiotherapeutInnen wird auch auf diesem Ge-
biet nötig werden. Auch die Pflegenden selbst brauchen
Unterstützung, um den hohen Anforderungen gerecht zu
werden. Eine Schwerpunktsetzung auf diesen Bereich
von Service und Betreuung wird von den Betroffenen
gern in Anspruch genommen werden.
Junge, berufstätige Menschen und Physiotherapie
Jüngere Menschen wollen gesund älter werden und
altern, sie sind sich des Themas sehr bewusst. Sie erwar-
ten von ihren ArbeitgeberInnen ergonomisch gestaltete
Arbeitsplätze und laufende physiotherapeutische Betreu-
ung. Dies wird ein zentrales und wachsendes Thema für
unsere Berufsgruppe werden. Die Bereiche der Ergono-
mie am Arbeitsplatz und die Begleitung der Berufstätigen
sind allerdings für mehrere Berufsfelder sehr interessant.
Die PhysiotherapeutInnen mit ihrem geschulten Blick
für Bewegungsabläufe haben jedoch sicher die beste
Ausbildung, um den Anforderungen gerecht zu werden.
Wir müssen auf diesem Gebiet zukunftsorientiert die
Fort- und Weiterbildung vorantreiben. Vertreter aus Wirt-
schaft und Industrie sind bemüht, ihren Angestellten und
ArbeiterInnen entsprechende Rahmenbedingungen zu
bieten. Nun liegt es an den PhysiotherapeutInnen, ent-
sprechende Betreuungspakete zu schnüren.
Die Menschen von morgen, so wird erwartet, werden
mehr auf Ihre Gesundheit achten und sich auch entspre-
chend ergonomisch beraten lassen, wenn es ums Haus-
bauen oder um ihren Arbeitsplatz geht. Das könnte zu
einer breiten Zusammenarbeit von PhysiotherapeutInnen
mit ArchitektInnen von Einfamilienhäusern oder Indus-
triebauten führen. Ein Aufgabengebiet, das viele interes-
sante Aspekte bereithält.
Mobilität ohne Prävention und Gesundheitsförderung,
das wird nicht bis ins hohe Lebensalter möglich sein. Das
Streben nach Gesundheit wird für kommende Generatio-
nen seinen Ursprung bereits in jungen Jahren bekom-
men. Ob Ernährung und Bewegung von den einzelnen
Personen für wichtig erachtet werden, wird das Altern
der Menschen beeinflussen.
Wie die individuelle Entscheidung auch ausfallen wird:
Unser physiotherapeutisches Angebot wird stehen.
Neben der Arbeit in der Praxis und im Krankenhaus wird
es nötig sein, verstärkt auf die PatientInnen zuzugehen
und auch andernorts zu arbeiten. Denn der gestresste
Mensch im Arbeitsleben wie auch die SeniorInnen im
Eigenheim werden es zunehmend begrüßen, die Therapie
im eigenen Hause zu erfahren. Ein Physio-Termin kann in
die eigenen vier Wände verlegt werden. Besonders be-
deutsam wird mit Sicherheit der Bereich der Physiothera-
pie am Arbeitsplatz. Industrie und Wirtschaft haben ihr
Interesse bereits deutlich bekundet, jetzt liegt es an den
PhysiotherapeutInnen, geeignete Konzepte zu liefern.
Kinder und Jugendliche und Physiotherapie
Die Kompetenz in Erziehung, Bildung und Gesundheit wer-
den sich die Menschen durch neue AnbieterInnen einho-
len, da sich das Gesellschaftsbild weiter ändern wird und
die Vorbilder im Kindes und Jugendalter vom häuslichen
Bereich auf familienfremde Personen verlagert werden.
Dadurch können wir PhysiotherapeutInnen junge Men-
schen auf ihr Körperbewusstsein und Körpergefühl hinfüh-
ren. Die Vorbildwirkung, durch die wir die zukünftige
Bevölkerung prägen, darf nicht unterschätzt werden.
Politik und Physiotherapie
Wir sehen durch die Gesundheitsreform erste Veränderun-
gen für die Gesundheitsberufe. Ambulanzen werden in
den Krankenhäusern schrittweise verkleinert oder aufge-
löst und VertreterInnen verschiedener Gesundheitsberufe
schließen sich zusammen – räumlich oder in Netzwerken.
So profitieren die PatientInnen mit rascher, bürokratie-
armer und hochwertiger Versorgung.
Kreativ sollen wir an diese Herausforderung herangehen.
Beratung und Begleitung anbieten, nicht ausschließlich
Therapien. Unser Leistungskatalog muss sich wandeln
und sich den neuen Gegebenheiten anpassen. Dass
es nötig ist, in Bewegung zu bleiben, sollte gerade uns
PhysiotherapeutInnen bewusst sein. Um die neuen
Entwicklungen meistern zu können brauchen wir drei
Dinge:
°
Fort- und Weiterbildung in hoher Qualität und Evidenz
°
Innovativen und aktiven Einsatz in den
neuen Berufsfeldern
°
Den Willen und die Dynamik, die neuen gesetzlichen
Rahmenbedingungen mitzugestalten
Sehr geehrte KollegInnen: Zukunft passiert! Die Verände-
rungen in unserm Berufsalltag begegnen uns täglich. Wir
können sie am besten meistern, wenn wir eine starke und
aktive Standesvertretung als Sprachrohr unseres Berufs-
standes bilden und wenn wir die geänderten Anforderun-
gen durch aktive Fort- und Weiterbildung zu unseren
Gunsten individuell nützen.
Die Zukunft hat schon begonnen – gestalten wir sie mit!
ZUKUNFTSFORSCHUNG
Dorothea Haslinger
physio
austria
inform
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