inform Nr.4 September 2014 - page 7

ZUKUNFTSFORSCHUNG
Dorothea Haslinger
Auf den Berufsstand der PhysiotherapeutIn-
nen kommen in den nächsten Jahren große
Veränderungen zu, soviel steht fest. Aber
Veränderung ist nichts Neues: Das Berufs-
bild Physiotherapie hat sich in den vergange-
nen zwei Jahrzehnten massiv gewandelt –
und wird das auch in Zukunft tun. Allerdings
ist es nötig, vorausschauend zu planen, um
für die Veränderungen gerüstet zu sein.
Dann sind Zukunftsängste unbegründet.
Physio Austria hat sich auf einen Prozess der
Organisationsentwicklung eingelassen. Zwei
Jahre lang haben sich die FunktionärInnen
von Physio Austria in Kleingruppen verschie-
densten Themen gewidmet. In diesem
Prozess wurde nicht nur die Vergangenheit
bewältigt, die Gegenwart beleuchtet,
sondern vor allem die Zukunft erahnt. Es ist
anzunehmen, dass wir PhysiotherapeutInnen
großen Herausforderungen entgegenblicken:
°
Die Gesundheitsreform wird Physio-
therapeutInnen massiv betreffen.
°
Die Gesundheitseinrichtungen werden
sich neu organisieren und strukturieren.
°
Durch Veränderungen in Wirtschaft und
Gesellschaft ändern sich die Anforderun-
gen an unseren Berufsstand, müssen
wir unser Know How laufend erweitern.
In diesem Artikel werden Ergebnisse der
Zukunftsforschung präsentiert, wesentliche
statistische Ergebnisse zusammengefasst,
und versucht, die Folgen des demografi-
schen Wandels für die Physiotherapie zu
bedenken.
Dass man Zukunft erforschen kann, war mir
nicht klar, bis vor zwei oder drei Jahren bei
einem Netzwerktreffen der Arbeitsgemein-
schaft für Sicherheit und Gesundheit am
Bundesministerium für Gesundheit ein
Kollege einen Bericht über das Ergebnis der
Zukunftsforschungsabteilung an der Univer-
sität des Baskenlandes Bilbao präsentierte.
Szenarien, auf der Basis von Erfahrungswer-
ten erstellt, wurden auf ihre Wahrscheinlich-
keit hin berechnet und mögliche Reaktionen
der Umwelt, des Menschen, der Flora und
Fauna wurden zu Papier gebracht. Anfangs
hielt ich die Überlegungen für bloße Spiele-
rei, aber nun bin ich eines Besseren belehrt:
Zukunft passiert – und das in jedem
Moment.
PhysiotherapeutInnen sollten vorbereitet
sein, sonst passiert sie ohne unsere Einfluss-
nahme und über unsere Köpfe hinweg.
Das Berufsbild Physiotherapie ist im ständi-
gen Wandel: Die Physiotherapie ist im
Gesundheitswesen mittlerweile fest veran-
kert. Die PatientInnen erreichen ein höheres
Alter, sie stellen höhere Anforderungen an
ihre Gesundheit, an ihre Rehabilitation und
an die Qualität ihres Arbeitsplatzes. Die
Vision, gesund und fit alt zu werden, ist ein
Auftrag auch an die Physiotherapie. Ich habe
mich auf die Suche gemacht um unsere
berufliche Zukunft, die uns hoffentlich alle
in großer Arbeitszufriedenheit treffen wird,
zu beleuchten.
Nun, im Folgenden ein Gedankenspiel zur
Zukunft des Berufsumfeldes der Physiothera-
peutInnen: Das berufliche Umfeld wird sich
in nächster Zeit durch politische und gesell-
schaftliche Einflüsse stark verändern.
Gesellschaftliche Entwicklung
und die Physiotherapie
Bereits heute steht fest, dass es dank der
Forschung und Entwicklung in der Medizin,
in der Ernährungsforschung, usw. möglich
sein wird, länger zu leben.
Vor rund hundert Jahren lag die Lebens-
erwartung von Frauen zum Zeitpunkt ihrer
Geburt bei 44 Jahren, für Männer bei 47
Jahren. Laut Statistik Austria lag im Jahr 2011
in Österreich die durchschnittliche Lebens-
erwartung zum Zeitpunkt ihrer der Geburt
für Frauen bei rund 83 Jahren, bei Männern
waren es etwa 78 Jahre. Bis zum Jahr 2050
soll die Lebenserwartung bei der Geburt
nach den Prognosen der Statistik Austria für
Frauen auf 90 und für Männer auf 86 Jahre
ansteigen. (Siehe dazu die Tabelle auf Seite 8)
Österreich liegt derzeit etwa im Durchschnitt
der EU-Mitgliedsstaaten, für die im Jahr
2008 insgesamt zum Zeitpunkt ihrer Geburt
eine Lebenserwartung von 82 (Frauen) bzw.
76 (Männer) Jahren ausgewiesen wird.
Damit ist in dieser Region in den vergange-
nen 50 Jahren die Lebenserwartung zum
Zeitpunkt ihrer Geburt um etwa zehn Jahre
angestiegen. Dies bedeutet für uns, dass wir
hinkünftig besonders stark in der Prävention
und Gesundheitsförderung und nicht nur
schwerpunktmäßig in der Therapie tätig
sein werden.
Dorothea Haslinger
ist Physiotherapeutin und
Fachkraft für Ergonomie.
Seit 2003 Tätigkeit für Firmen
im Bereich der betrieblichen
Gesundheitsförderung und
Ergonomieberatung. Sie ist
Mitglied des Präsidiums von
Physio Austria und Leiterin
des fachlichen Netzwerks
Arbeit und Gesundheit.
Zukunft passiert
In die Zukunft schauen, das ist eine heikle Sache: Was wird kommen?
Wird die Situation der PhysiotherapeutInnen in Zeiten von geänderten
Ausbildungsmodellen, Primary Health Care und veränderten Berufsbedingungen
schlechter – oder doch besser? Haben wir die Entwicklung in der Hand
oder werden wir manipuliert?
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