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austria
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Dezember 2016
29
UMFELDANALYSE
Mag. Nicole Muzar
Wer vermisst
die Physiotherapie?
Eckdaten und Umwelten
Die Vermessung erfolgt durch unterschiedliche AkteurIn-
nen mit unterschiedlichen Werkzeugen und aus unter-
schiedlichen Perspektiven. Diese in Gleichklang zu
bringen, stellt oftmals eine Herausforderung dar. Unter
Berücksichtigung aktueller Entwicklungen bietet das
Kompetenzprofil eine umfassende Beschreibung unseres
Berufes und eine wesentliche Grundlage für die Weiter-
arbeit am Thema Spezialisierung. So wird auf Basis der
Rollenbeschreibungen aktuell im Rahmen von zwei Pilot-
projekten an Kompetenzprofilen für die Fachbereiche
Gynäkologie, Geburtshilfe, Urologie und Proktologie
(GUP) sowie Sportphysiotherapie gearbeitet. Den beiden
genannten Kompetenzprofilen werden weitere folgen.
Den rechtlichen Rahmen für unser Tun hat der Gesetz-
geber mit dem MTD-Gesetz, dem Bundesgesetz für
die Regelung der gehobenen medizinisch-technischen
Dienste festgelegt. Dazu begleiten Rechtsvorschriften
wie das Datenschutzgesetz 2000 oder das Medizin-
produktegesetz die berufliche Praxis.
Kostenträger als Weichen(ent)steller
Neben den Rechtsvorschriften, welche den äußeren
Rahmen geben, wirken auch die Kostenträger maßgeb-
lich auf das physiotherapeutische Handeln ein. Auflagen
der Kostenträger hinsichtlich der Übernahme von Thera-
pieleistungen haben unmittelbaren Einfluss darauf, ob
und wie Physiotherapie erbracht wird. Wesentliche Ent-
wicklungen in diesem Zusammenhang erfolgten durch
die vermehrte Auseinandersetzung des Hauptverbandes
der Sozialversicherungsträger mit der aktuellen Evidenz-
lage, unter anderem durch die Beauftragung von HTA
(Health Technology Assessments), um die Wirksamkeit
und den Nutzen verschiedener Therapieansätze kritisch
zu beleuchten. Diese Herangehensweise ist grundsätzlich
zu begrüßen, schließlich steht nicht der Selbstzweck von
Leistungen und Berufen im Zentrum, sondern die erfolg-
reiche PatientInnenbehandlung. Jedoch zeigen die bisher
veröffentlichten Studien des Hauptverbandes mitunter,
dass es notwendig ist, die Methodik zu schärfen und
Expertise aus der jeweils betroffenen Profession einzu-
holen. Der HTA-Bericht des Hauptverbandes der Sozial-
versicherungsträger zum Thema »Manuelle Lymph-
drainage/komplexe Entstauungstherapie: Evidenzlage
zu Lymphödem« aus 2015 verdeutlicht, wie wesentlich
es ist, dass sich Berufsangehörige zukünftig selbst in
wissenschaftliche Auseinandersetzung einbringen.
Gesundheitspolitik am Steuerrad
Die Physiotherapie findet sich eingebettet in ein komple-
xes System aus gesellschaftlichen und gesundheits-
politischen Entwicklungen. Dieses schafft Möglichkeiten
für die Entwicklung des Berufes. Eine wesentliche Orien-
tierungshilfe bieten die zehn Rahmen-Gesundheitsziele,
die mit dem Ziel erarbeitet wurden, die gesunden
Lebensjahre der in Österreich lebenden Bevölkerung bis
2032 zu erhöhen. Die Rahmen-Gesundheitsziele wurden
in einem breit angelegten Prozess in Zusammenarbeit
mit zahlreichen Stakeholdern entwickelt. In ihnen werden
Themen wie Gesundheitskompetenz, Chancengerechtig-
keit oder psychosoziale Gesundheit aufgegriffen –
Themen, in denen sich die Physiotherapie in verschie-
denen Ausprägungen wiederfindet. Nach dem Motto
»Physiotherapie in all Policies« sollten diese Entwick-
lungen als Möglichkeit genützt werden.
PatientInnenzufriedenheit als Maßstab
Im Zentrum aller Betrachtungen stehen die PatientInnen.
Sie stellen das zentrale Element des Systems dar, in dem
wir uns bewegen. PatientInnen zeigen uns, wie wichtig
die Etablierung von Gesundheitsberufen ist, welche
Anforderungen und Bedürfnisse es gibt und welche
physiotherapeutischen Kompetenzen erforderlich sind.
Nur durch eine adäquate Aufklärung und einen Abgleich
der Erwartungen und Möglichkeiten kann die Behandlung
zu einem (wahrgenommenen) Erfolg werden. Nur so hat
auch der/die PatientIn die Möglichkeit, eine Einschät-
zung über die Behandlung und die/den BehandlerIn zu
treffen. PhysiotherapeutInnen werden von PatientInnen
nicht zuletzt aufgrund ihres Auftretens, ihrer Kompetenz
und des Behandlungserfolges gemessen.
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Das Postionspapier »Was ist Physiotherapie«
und vieles mehr finden Sie unter
www.physioaustria.atWEITERFÜHRENDE LINKS
www.bmg.gv.at www.gesundheitsziele-oesterreich.at www.hauptverband.atMessung ist ein zentrales Thema im Rahmen des physio-
therapeutischen Prozesses. Jedoch werden auch wir
PhysiotherapeutInnen und unser Beruf selbst vermessen.
Wir haben uns in einem bestimmten Rahmen zu bewegen.