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Dezember 2012
23
PALLIATIVE CARE
Eva Müllauer
Schmerz
Folgende Antworten gab es auf die
Ergänzungsfrage (exemplarisch):
Frauen artikulieren Schmerzempfinden
genauer, Männer beißen die Zähne
zusammen.
Männer versuchen eher den Schmerz
länger zu negieren.
Männer äußern später als Frauen, dass
sie Schmerz empfinden. Auch wenn
therapeutische Maßnahmen oder Lage-
rungen unangenehm sind. Frauen
geben sofort ein Feedback.
Kommunikation
Der Unterschied besteht in folgender
Hinsicht (exemplarisch):
Frauen bemühen sich öfter mehr, auch
wenn es schwierig ist, sich mitzuteilen.
Frauen sprechen offener über Krankheit,
Verlauf, Prognose. Sie machen sich mehr
Gedanken, wie es den anderen Familien-
mitgliedern geht. Männer tun dies meis-
tens nicht, sie haben Angst, aber
sprechen nicht darüber – sie wollen eher
nicht zu viel über ihre Krankheit wissen.
Ergänzend wurde gefragt, welche Probleme
und Herausforderungen sich in der Behand-
lung von PalliativpatientInnen aus unter-
schiedlichen sozialen Schichten und mit
anderem kulturellen Hintergrund ergeben.
Exemplarisch sollen einige Antworten ange-
führt werden. Patienten, die vielleicht einsa-
mer leben, sind ängstlicher, haben weniger
Zuversicht. Vereinzelt betreue ich auch Pa-
tienten mit Migrationshintergrund, die eine
verschärfte Version von Schmerzäußerungen
haben, sowie manchmal auch Probleme, je-
manden näher an sich heran, Anm. d. Verf.
zu lassen.
Fotos: Markus Feilmayr
Eva Müllauer
Physiotherapeutin, Lektorin an
der FH Salzburg (Physiothera-
pie in der Palliativmedizin) und
FH Campus Wien (Respiratori-
sche Physiotherapie), Physio-
therapeutin an der Abteilung
für Atmungs- und Lungener-
krankungen im KH Hietzing mit
Neurologischem Zentrum Ro-
senhügel, Stellvertretende Lei-
terin der Fachgruppe
Physiotherapie in Palliative
Care und Hospizwesen Physio
Austria, Mitglied der Inter-
national Oncology, Palliative
Care, and HIV/AIDS Physical
Therapy Association
Ich sehe in manchen Eigenheiten kein
wirkliches Problem, sondern versuche
mich gut auf die Situation einzustellen.
Das funktioniert eigentlich immer gut.
Deutlich ist der Unterschied, was den
Schmerz betrifft. Bei »südlichen Schichten«
wird der Schmerz anders empfunden und
wahrscheinlich deshalb auch anders »nach
außen getragen«, was oftmals zu Proble-
men führt, auch weil die Patienten dadurch
manchmal »abgestempelt« werden als
»schwierige« Patienten. Schnell neigt man
dann zu Vorurteilen! Das sollte vermieden
werden!
Ein Unterschied in den angesprochenen
Patientengruppen, der mir sofort einfällt,
sind die Wohnungsgröße und die Anzahl
der darin lebenden Menschen. Ich mache
v. a. Hausbesuche und da sind tendenziell
die Wohnungen der Familien mit Migra-
tionshintergrund deutlich kleiner und mit
mehr Menschen »belebt«. Die Herausfor-
derungen, würde ich sagen, sind bei allen
Menschen die gleichen.
Für den unterschiedlichen kulturellen
Background ist ein wenig Basiswissen
notwendig, um nicht ins »Fettnäpfchen« zu
steigen; sonst geht es primär um eine
wertschätzende Haltung, die nicht von der
sozialen Stellung abhängt …
Die Antworten der KollegInnen decken sich
großteils mit meinen Erfahrungen. Hilfreich
im Umgang mit PatientInnen aus unter-
schiedlichen sozialen Schichten und
Kulturen erlebe ich den Austausch im
interdisziplinären Team, dessen Mitglieder
häufig aus unterschiedlichen Kulturkreisen
stammen und wertvollen Input leisten
können. Als Literaturempfehlung sei noch
der Artikel von Charles Kemp »Cultural
Issues in Palliative Care« (7) genannt.
LITERATUR
1
Cameron S., DeFilippi K. (2009)
Challenging gender stereotypes
in palliative care.
Abstractband und Mitschrift vom
11. Palliative-Care-Kongress, May
2009, Wien.
2
-
dokng/ctl/uebersicht/pro-
jekte/person/6799
3
Niemelä J. et al. (2011) Gender
Difference in Quality of Life
among Brain Tumor Survivores.
Neurol Neurophysiol 2011, 2;4.
4
Jacobs-Lawson et al. (2010)
Gender Differences in Psychoso-
cial Response to Lung Cancer.
Gender Medicine/Vol 7, No. 2,
2010.
5
Hanks et al. (ed) (2010) Oxford
Textbook of Palliative Medicine,
fourth edition.
6
Henke O., Thuss-Patience P.
(2012) Hospiz- und Palliativver-
sorgung von Patienten mit Migra-
tionshintergrund in Deutschland.
Z Palliativmedizin 2012; 13: 191–
196.
7
Kemp, C. (2005) Cultural Issues
in Palliative Care. Seminars in
Oncology Nursing, Vol 21, No 1
(February), 2005: 44–52
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