inform Nr.3 Juni 2014 - page 12

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physio
austria
inform
Juni 2014
Themenschwerpunkt
Spiele in der Physiotherapie
Bewegungsausführung ungefährlicher, kann zusätz-
lich motivieren und ein aufgabenspezifisches Feed-
back liefern (Schneider & Hood, 2007). Dies mag für
viele Anforderungen in der Therapie durchaus aus-
reichend sein, wenn nicht hohe Genauigkeit in der
Bewegungserfassung gefordert wird. Computerunter-
stützte Spiele in der Behandlung von Langzeitpatien-
tInnen zu verwenden, könnte eine willkommene
Abwechslung in eintönigen Übungsreihen sein.
Malazek et al. (2009) haben in ihren Studien zu
Bewegungsbeobachtung und Handlungsausführung
festgestellt, dass sich Personen und damit auch Kin-
der mit den Figuren eines Computerspiels, die ihre
eigenen ausgeführten Bewegungen imitieren, identi-
fizieren können. Daher ist es laut den AutorInnen
möglich, virtuelle Charaktere einzusetzen, um in der
Physiotherapie motorisches Lernen zu fördern. Auch
Bellelli et al. (2010) konnten an traumatologischen
und orthopädischen PatientInnen ihre Theorie be-
stätigen, dass videounterstützte Maßnahmen den
Therapieerfolg optimieren. Danach beeinflusst
Bewegungsbeobachtung und Imitation als beglei-
tende Maßnahme zur üblichen Physiotherapie den
Therapieerfolg positiv.
Das Feedbackmodell eines Computerspiels kann also
die Bewegungsausführung unterstützen. Man erhält
eine sofortige Rückmeldung bezüglich der Angemes-
senheit oder Unangemessenheit der eigenen Hand-
lungen. Die immer wiederkehrenden Reizeinflüsse
aus unserer Umwelt bewirken eine Speicherung
unserer Wahrnehmungen, die dann unwillkürlich
abgerufen werden kann.
Ein speziell entwickeltes Computerprogramm ist am
besten für die Unterstützung bei therapeutischen
Übungen geeignet. Neben einer Motivationssteige-
rung erleichtert es eine im optimalen Fall exakte
Ausführung der Heimübungen. Bei fortschreitendem
Lernprozess bedarf es sich ändernder Anforderungen
an das Spiel, um den Motivationswert aufrecht zu
erhalten.
Die Evaluierung unterschiedlichster Spielparameter und
eine valide Verlaufsdokumentation durch die TherapeutIn-
nen ist gewährleistet, ein Anspruch, der in der therapeuti-
schen Behandlung von PatientInnen zunehmend an
Stellenwert gewinnt.
Es ist in der physiotherapeutischen Praxis unmöglich, den
PatientInnen die gleiche Zuwendung zu bieten wie sie z.B.
der Sporttrainer zu seinem Schützling hat, der am Beispiel
Schwimmsport täglich am Beckenrand steht und perma-
nentes Feedback gibt. Während der Bewegungsausfüh-
rung selbst ist Feedback nach Huber (2008) dann sinnvoll,
wenn die Bewegung fehlerhaft wird. Nach der Bewegung
kann Feedback unmittelbar oder auch zeitversetzt erfol-
gen. Diese Aussage von Huber führte zu den Feedback-
schleifen, die dem von der FH JOANNEUM Graz
entwickelten Computerprogramm »Game Based Physio-
therapie« und der damit durchgeführten Studie zugrunde
liegen. Ein motivierendes Computerspiel zu entwickeln,
das gleichzeitig eine Evaluierbarkeit der Heimübungen
zulässt, war der hohe Anspruch.
Verwendet wurde ein 3D Eingabegerät, mit dem kleinste
Bewegungen innerhalb eines Spielszenarios detektiert und
vermessen wurden. Um die Trainingsmotivation aufrecht
zu erhalten, wurden drei zielgruppengerechte Spielmotive
entwickelt (beispielsweise mit Bewegung von Hand oder
Fuß eine virtuelle Biene steuern).
Die Stichprobe umfasste 30 Kinder zwischen neun und 13
Jahren mit der Diagnose »juvenile idiopathische Skoliose«.
Der Cobbsche Winkel betrug 23° +/-vier°. Sie fielen damit
alle in die Gruppe der Kinder, deren Knochenwachstum
erst frühestens in zwei Jahren beendet war und die damit
zusätzlich zur bereits erfolgten Physiotherapie eine
Korsettversorgung mittels Chêneau-Korsett erhielten.
Die Kinder absolvierten über ein halbes Jahr Physiothera-
pie nach Schroth. Zwei standardisierte Übungen daraus
wurden in der Versuchsgruppe mit dem Computer-
programm durchgeführt. Sämtliche durchgeführte Unter-
suchungen und physiotherapeutische Interventionen
inklusive Übungsauftrag für zu Hause waren zur Versuchs-
gruppe ident. Der einzige Unterschied der Versuchs-
gruppe bestand in der Verwendung des Computerspiels
»Game Based Physiotherapie« im Heimprogramm.
© FH JOANNEUM
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