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physio
austria
inform
April 2016
Themenschwerpunkt
Physiotherapie in Sport und Orthopädie
Ziel dieses Stufentests ist es, über den Laktatgehalt
Aussagen zum Stoffwechsel und die Belastung der arbei-
tenden Muskulatur zu erhalten. So werden Laktatwerte
unterhalb der anaeroben Schwelle mit einem dominant
aeroben Stoffwechselgeschehen assoziiert, oberhalb
der anaeroben Schwelle mit einem dominant anaeroben
Stoffwechsel. Da es sich in der Vergangenheit als
schwierig herausgestellt hat, eine individuelle anaerobe
Schwelle zuverlässig und vom Aufwand her verhältnis-
mäßig zu ermitteln, wird häufig die statistische anaerobe
Schwelle bei vier mmol Laktat pro Liter Blut als Ver-
gleichsgröße zur Beurteilung der Leistungsfähigkeit
herangezogen. Für eine individuelle Steuerung der
Trainingsintensität (z.B. im Hochleistungssport) ist dies
jedoch zu ungenau, schwanken individuell (u.a. in Abhän-
gigkeit von der Muskelfaserzusammensetzung und dem
Trainingszustand) die Laktatwerte an der individuellen
anaeroben Schwelle etwa in einer Bandbreite zwischen
1,5 und sechs mmol/l Blut. Daher wird heute ein Training
an einer statistischen aeroben und/oder anaeroben
Schwelle eher abgelehnt und durch ein Training in
definierten Laktatbereichen ersetzt.
Stoffwechselbereich im Training
Für ein effektives Ausdauertraining wurden in den
vergangenen Jahren folgende Intensitäts- und damit
verbundene Laktatbereiche definiert:
Regeneration/Kompensation
(Reg/Komp-Bereich)
Grundlagenausdauerbereich 1 (GA1 bzw. KA1)
Grundlagenausdauerbereich 2 (GA2 bzw. KA2)
und die wettkampfspezifische Ausdauer (WSA).
Neu hinzugekommen ist das sogenannte High Intensity
Training (HIT). KA1 und KA2 sind zwei Intensitäts-
bereiche, die fast ausschließlich im Radsport zur
Anwendung kommen und beinhalten ein Training im
entsprechenden GA-Bereich mit höherem äußeren
Wiederstand (z.B. großer Gang oder bergauf). Der
niedrige Intensitätsbereich Reg/Komp wird im Training
nach Wettkämpfen oder sehr anstrengenden Trainings-
tagen angestrebt und soll aus Sicht des Stoffwechsels
Laktatwerte im Bereich von ein bis zwei mmol/l
Blut nicht übersteigen. Er dient der körperlichen und
mentalen Regeneration.
TABELLE 2
»High Intensity Training«
Leistungsreserve im Ausdauersport nach Vogt (2011)
ZIEL
Verbesserung der VO2max und der muskulären
Leistungsfähigkeit à Belastungsdauer 15 – 20 Minuten
Das Grundlagenausdauertraining 1 zielt in erster Linie auf
eine Verbesserung der aeroben Kapazität ab, vornehmlich
durch eine Verbesserung des Fettstoffwechsels (Enzym-
besatz, Kapillarisierung, Mitochondrienvolumen und –
dichte etc.). Auch eine Verbesserung der aeroben
Kapazität wird mit dem Grundlagenausdauertraining 2
angestrebt, jetzt aber vornehmlich über ein Training des
Kohlenhydratstoffwechsels. Die wettkampfspezifische
Ausdauer versucht dann den Stoffwechselbereich im
Training anzusteuern, der wie der Name es vermuten
lässt, für den Wettkampf wichtig ist. Damit umfasst dieser
Intensitätsbereich aerobe und ggf. hoch anaerobe und
laktazide Stoffwechselbereiche. Je nach Sportart und
Wettkampflänge/-dauer werden Laktatwerte zwischen
1,5 (Langdistanzen über eine Stunde Dauer) und 25
mmol/l Blut (bei höchster Intensität mit 45 bis 120
Sekunden Dauer) erreicht und mit dem Bereich der WSA
im Training angestrebt. HIT ist eine spezifische Form des
hoch intensiven Intervalltrainings (daher auch oft mit
HIIT abgekürzt), welches in verschiedenen Varianten
durchgeführt wird. Es führt in relativ kurzer Zeit zu hohen
Zuwächsen in der maximalen Sauerstoffaufnahme. Auf-
grund des geringen Zeitaufwandes pro Trainingseinheit
wird es gerne in Spielsportarten angewendet. Im Aus-
dauertraining auch von hochtrainierten Ausdauersport-
lerInnen scheint ein systematischer Wechsel von langen
und langsamen Trainingseinheiten (GA1) mit schnellen
kurzen HIT-Belastungen die höchste Progression in der
Leistungsentwicklung zu liefern (Stöggl & Sperlich, 2014).
Für die Trainingspraxis bedeutet dies, innerhalb einer
Woche zwischen ruhigen und langsamen (GA1) Trainings-
tagen und eher kurzen und schnellen (HIT) Trainingstagen
unter Beachtung entsprechender Regenerationszeiten
abzuwechseln. In den Untersuchungen von Stöggl und
Sperlich erreichten mit dem polarisierten Trainingsansatz
selbst sehr gut trainierte AusdauersportlerInnen den
höchsten Fortschritt.
Hans-Josef Haas
HIT
15 – 15 10 – 20 30 – 30 4 x 4
Belastungsdauer 15 sec
10 sec
30 sec
4 min
Belastungspause 15 sec
20 sec
30 sec
4 min
Wiederholungen
aufgeteilt in Serien
15 – 20 15 – 20 10 – 15 4 – 6
Serien
2 – 3
2 – 3
1 – 2
1
Serienpause
5 –10 min 5 –10 min 5 –10 min
Intensität
>
90% HF
max
>
90% HF
max
>
90% HF
max
>
90% HF
max
LITERATUR
Stöggl, T., & Sperlich, B. (2014).
Polarized training has greater
impact on key endurance
variables than threshold, high
intensity, or high volume
training. Front Physiol.; 5: 33.
Vogt, M. (2011) »High Intensity
Training« Leistungsreserve
im Ausdauersport. Sport
Symposium, Engadiner
Skimarathon.