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Interdisziplinäre Zusammenarbeit im Zentrum

Verletzte SpielerInnen kamen durch die enge Zusammenarbeit

mit Mannschaftsarzt Christian Gäbler überaus schnell und

unkompliziert in den Genuss von ärztlicher und bildgebender

Untersuchung und in weiterer Folge der indizierten Behand-

lung. Von nicht minderer Bedeutung ist die Zusammenarbeit

mit den das Kraft- und Konditionstraining steuernden Traine-

rInnen. Ein konkretes Beispiel dafür war die unmittelbare

Reaktion auf die Häufung von Patellarsehnenansatzentzündun-

gen im Laufe des Offseason-Programmes der Kampfmann-

schaft 2015/16. Schnelle und direkte Information ließen die

TrainerInnen direkt reagieren und Veränderungen in den Trai-

ningsplänen in Kombination mit therapeutischen Maßnahmen

brachten das Problem unter Kontrolle.

Eine besondere Herausforderung stellt die Betreuung der

hochintensiv trainierenden adoleszenten AthletInnen dar. Das

Interesse der SportlerInnen und ihrer TrainerInnen, möglichst

effizient stärker, schneller und in der Sportart erfolgreicher zu

werden, kann vor allem im Rahmen der einsetzenden Pubertät

problematisch werden. Die resultierenden Veränderungen, die

die Anpassung an Trainingsreize beschleunigen und innerhalb

kürzester Zeit für veränderte Verhältnisse für einen sich noch

im Wachstum befindlichen passiven Bewegungsapparat sor-

gen, können zu Überlastungsproblem an Wachstumsfugen

und Gelenksknorpel führen. Eine schwierige Situation für alle

Beteiligten, denn derartige Pathologien müssen oftmals durch

Sportkarenz beziehungsweise Belastungsreduktion behandelt

werden. Den geliebten Sport nicht ausüben zu dürfen, bedeu-

tet natürlich auch Probleme mit Selbstidentifikation, Selbst-

wert und die Unterbrechung von regelmäßigen sozialen

Kontakten für die Jugendlichen, was die Akzeptanz und daraus

resultierend die Compliance der PatientInnen reduzieren kann.

Im Kontrast dazu steht die Arbeit mit den »Super Seniors«,

einer zwischen Tapferkeit und Unvernunft agierenden Sektion

des Vereins, in der sich langgediente Veteranen des Sports

oder Spätberufene den Schulterschutz überstreifen und den

behandelnden PhysiotherapeutInnen ein breites Spektrum an

degenerativ bedingen Pathologien bieten. Hier zwickt natur-

gemäß keine Wachstumsfuge mehr, dafür plagen Tendinosen,

Arthrosen und Discusdegeneration die Aktiven. Als Kontra-

punkt dazu das Team der Cheerleader – junge Mädchen und

Frauen, für die Beweglichkeit mit das höchste Gut und die

angeborene Laxität eine die Sportausübung begünstigende

Eigenschaft ist, zumindest bis sich daraus Instabilitäten

entwickeln und die Sportausübung nicht mehr begünstigen.

Wunderwaffe Taping

Was vereint fast alle AthletInnen, mit denen ich im Rahmen

meiner Tätigkeit zu tun hatte? Die Liebe für Tapeverbände.

Ob strukturell sinnvoll – zum Beispiel als präventives Sprung-

gelenkstaping vor Spielen – oder fragwürdig sinnvoll – wildeste

bunte Tapevarianten – Taping gilt unter SportlerInnen als

Wunderwaffe. Für den Behandler gilt hier zu differenzieren:

probates psychologisches Mittel bei Blessuren oder die klare

Info an die verletzten SportlerInnen, dass ernsthafte Verletzun-

gen anderer Versorgung bedürfen. Wie sieht mein Resümee

meiner Zeit als Physiotherapeut des österreichischen Rekord-

meisters und fünffachen europäischen Klubmeisters aus?

Harte Arbeit, viel Einsatz und ein massiver Gewinn an klini-

schen Fähigkeiten. Jeder in Orthopädie und Traumatologie

Tätige wird durch eine solche Tätigkeit massiv an Fähigkeiten

und Erfahrung in Befundung und Behandlung dazu gewinnen.

Alexander Salecic, MSc

600 Aktive vom Kindes- bis ins Seniorenalter, in Sektio-

nen vom kontaktarmen Flagfootball, über das Aushänge-

schild des Vereines, die national und international

erfolgreiche Tackle-Football-Kampfmannschaft bis hin

zu Ladies Football, Super Seniors und das gesamte

Cheerleading-Programm erfordern ein Verständnis von

typischen Pathologien in verschiedensten Altersklassen

und Anforderungsprofilen. »Dancing is a contact sport.

Football is a collision sport«, sagte der legendäre Football-

Coach Vince Lombardi. Eine Aussage, die verdeutlicht,

was uns bei der Arbeit in diesem Sport erwartet. Sowohl

was akute Verletzungen betrifft, als auch was durch

kongenitale Faktoren oder durch Überlastung bedingte

Krankheitsbilder betrifft, wird ein Höchstmaß an Fähig-

keiten in der Befundung verlangt. Denn tagtäglich wollen

die betroffenen AthletInnen wissen, was ein »Autschi«,

also eine vernachlässigbare Blessur, ist und was eine

Verletzung, die weiterer ärztlicher Abklärung bedarf.

Herausforderungen für die Physiotherapie

Die typischen Krankheitsbilder im American Football

umfassen Traumata an Sprunggelenken (viele Supinati-

onstraumata), Kniegelenken (Meniscus, Vorderes Kreuz-

band, Innenband), Schultern (Luxationen), Händen (hier

vor allem Daumengrundgelenksinstabilitäten und Kapsel-

verletzungen der proximalen Interphalangealgelenke)

sowie Überlastungssyndrome an Knien, Füßen und

Schultern. In Zusammenhang mit den hochkompressiven

Belastungen durch die Sportausübung und intensivem

Krafttraining finden sich ebenso häufig akute und chroni-

sche bandscheibenbedingte Problematiken.

Sportarten, wie speziell American Football, Rugby und

Eishockey, stellen das medizinische Fachpersonal vor eine

weitere große Herausforderung. Früher oftmals als unbe-

deutend und ungefährlich abgetan, ist im Lauf der letzten

Jahre das Bewusstsein um die Wichtigkeit des korrekten

Umgangs mit Gehirnerschütterungen rasant gewachsen.

ÄrztInnen oder PhysiotherapeutInnen vor Ort müssen in

der Lage sein, die AthletInnen unmittelbar auf eine mög-

liche Contusio Cerebri zu untersuchen und bei klinischen

Zeichen dafür und auch im Zweifelsfall die weitere Sport-

ausübung unbedingt untersagen. In weiterer Folge

müssen die Betroffenen Untersuchungen durch eineN

NeurologIn zugeführt werden und in einen vorsichtigen,

stufenweisen und am Erreichen spezifischer Vorgaben

orientierten Plan zum Wiedereinstieg in Training und Wett-

kampf eingegliedert werden. Auch wenn Physiotherapeu-

tInnen natürlich nicht diese Vorgaben erstellen, können

und müssen wir im täglichen Umgang mit den SportlerIn-

nen die Einhaltung dieser Kriterien mit kontrollieren und

die Hintergründe dieser Maßnahmen verstehen.

Der SCAT3-Test ist frei auch in deutscher Sprache aus

dem Internet herunterladbar und existiert in einer Version

für Kinder und Erwachsene. Es gilt, unbedingt, das

»Second Impact Syndrome« zu vermeiden. Ein initiales

Schädel-Hirn-Trauma, auch ohne Bewusstseinsverlust,

erhöht das Risiko für eine weitere, noch schlimmere

Läsion mit eventuell weitreichenden Konsequenzen,

massiv. Natürlich bedingen die beschriebenen Umstände

eine enge Zusammenarbeit und gute Kommunikation mit

den TeamärztInnen und den für die sportliche Betreuung

der Mannschaft verantwortlichen Coaches.

PRAXIS

Alexander Salecic, MSc

physio

austria

inform

April 2016

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