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austria
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April 2016
19
www.corehab.com
PROJEKTVORSTELLUNG
Ao. Univ.-Prof. Dr. Christian Raschner, Assoc. Prof. Dr. Christian Fink, Mag. Reinhard Huber
Back in Action BiA
Zum Einsatz einer funktionellen Testbatterie zur
Sportrückkehr nach Ruptur des vorderen Kreuzbandes (VKB)
Die Ruptur des vorderen Kreuzbandes (VKB) ist nach wie vor
eine der häufigsten Sportverletzungen. Nach erfolgter Opera-
tion spielen vor allem muskuläre und neuromuskuläre Defizite
eine Rolle. Diese bestimmen im Wesentlichen den Zeitpunkt zur
sicheren Rückkehr in das sportartspezifische Training und Wett-
kämpfe. Während die erste Phase zeitbasierend ist und haupt-
sächlich der Heilung des Transplantates dient, sind die weiteren
Phasen Kriterien orientiert. Als Basis der Entscheidung dienen
Kniegelenksscores und klinische Testungen. Bisher liefern
funktionelle Tests mit einem hohen apparativen und finanziellen
Aufwand wissenschaftliche Evidenz, um die postoperative
Rehabilitation zu unterstützen. Einfache und kostengünstige
Verfahren, die eine Beurteilung der Leistungsfähigkeit des ver-
letzten Knies phasenweise evaluieren, fehlen jedoch. Das Ziel
des vorliegenden Projektes war daher die Entwicklung einer
standardisierten Testbatterie zur Beurteilung der Sportrückkehr
nach Rekonstruktion des VKB.
PROJEKTTEIL 1
Reliabilitätsmessungen und Normwerterhebungen
Die Testbatterie »Back in Action- BiA« setzt sich aus sieben
funktionellen Tests zusammen: beidbeiniger und einbeiniger
Stabilisationstest, beidbeiniger und einbeiniger Counter Move-
ment Jump, beidbeinige plyometrische Sprünge, einbeiniger
Speedy-Test und dem abschließenden beidbeinigen Quick-
Feet-Test. Alle Testungen wurden unter Einsatz eines einfachen
Equipments realisiert. Der erste Teil des Projektes erfolgte
ausschließlich mit gesunden ProbandInnen. Die für jeden Test
durchgeführten Reliabilitätsmessungen (n=28) wiesen eine
mittlere bis hohe Reliabilität auf (ICC 0,76-0,92). Zur Norm-
werterhebung wurden unter randomisierten Bedingungen
434 gesunde ProbandInnen (50 Prozent weiblich, 50 Prozent
männlich) in den folgenden Alterskategorien getestet: Kinder
(10-14 Jahre), Jugend (15-19 Jahre), junge Erwachsene (20-29
Jahre) und Erwachsene (30-50 Jahre). Die Indexwerte für
die fünf Normbereiche »sehr gut«, »gut«, »durchschnittlich«,
»schwach« und »sehr schwach« wurden berechnet, indem
jeweils der Bereich der halben Standardabweichung unterhalb
und oberhalb des Mittelwertes aufgetragen wurde.
Aus funktioneller Sichtweise ist das Ausmaß von Seiten-
asymmetrien ein zentraler Aspekt bei der Bestimmung einer
sicheren Sportrückkehr. Für alle einbeinigen Testungen wurden
daher bei gesunden ProbandInnen Leistungsunterschiede
zwischen dem dominanten und nicht dominanten Bein mittels
Limb-Symmetry-Index berechnet (LSI= dominantes Bein/
nicht dominantes Bein*100). Es zeigten sich in allen Alters-
gruppen und unabhängig vom Geschlecht LSI Werte im Bereich
von
≤
10 Prozent für die Stabilisationstestungen und dem
Speedy-Test. Die höchsten prozentuellen Abweichungen der
LSI-Werte zeigten sich mit bis zu 24 Prozent bei einbeinigen
Sprungkrafttestungen. Die Resultate gesunder ProbandInnen
liefern wichtige Erkenntnisse bei der Einordnung von funktio-
nellen Beindifferenzen bei postoperativen PatientInnen.
PROJEKTTEIL 2
Klinische Anwendung mit postoperativen PatientInnen
Im Hinblick auf die objektive Evaluierung der Sportrückkehr
von PatientInnen mit einer VKB-Rekonstruktion wurden im
zweiten Teil des Projektes klinische Testungen durchgeführt.
Im Rahmen der prospektiven Test-Retest-Studie erfolgte der
erste BiA-Test im Durchschnitt 5,6 Monate postoperativ, der
zweite BiA-Test nach durchschnittlich acht Monaten. Basierend
auf den normativen Daten wurden folgende Kriterien für eine
Sportrückkehr festgelegt: LSI
≥
90 Prozent für das dominante
Bein, LSI
≥
80 Prozent für das nicht-dominante Bein und in
jedem Test mindestens ein Resultat im Normbereich »durch-
schnittlich«. Die Ergebnisse zeigten, dass nach erfolgtem
erstem Test lediglich 18 Prozent der PatientInnen eine nach
den Kriterien basierende Sportfreigabe erfüllten. Auch nach
acht Monaten postoperativ wiesen über 70 Prozent der Patien-
tInnen funktionelle Defizite in einem Test oder mehreren Tests
auf. Die vorliegenden Ergebnisse unterstreichen die Notwen-
digkeit von funktionellen Testungen als Prädiktionsparameter
bei der Fragestellung des richtigen Zeitpunktes der Sport-
rückkehr. Die Anwendung der BiA-Tests in der klinischen Praxis
erwies sich als einfach und dauert für die PatientInnen in
etwa 45 Minuten.
Ao. Univ.-Prof. Dr. Christian Raschner,
LITERATUR:
Hildebrandt C., Müller L.,
Zisch B., Huber R., Fink
C., & Raschner C. (2015).
Functional assessments
for decision-making
regarding return to
sports following ACL
reconstruction. Part I:
development of a new
test battery. Knee
Surgery, Sports Trauma-
tology, Arthroscopy;
23(5): 1273-1281.
Herbst E., Hoser C.,
Hildebrandt C., Raschner
C., Hepperger C., Pointner
H., & Fink C. (2015).
Functional assessments
for decision-making
regarding return to
sports following ACL
reconstruction. Part II:
clinical application of a
new test battery. Knee
Surgery, Sports Trauma-
tology, Arthroscopy;
23(5): 1283-1291.
Assoc. Prof. Dr. Christian Fink, Mag. Reinhard Huber