Previous Page  14 / 40 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 14 / 40 Next Page
Page Background

14

physio

austria

inform

April 2016

Themenschwerpunkt

Physiotherapie in Sport und Orthopädie

Physiotherapeutischer Ansatz

Wenn wir CrossFit-AthletInnen bei uns in der

Therapie sehen, müssen wir neben unserer physiothera-

peutischen Basisbefunderhebung auch eine Analyse der

CrossFit-bezogenen Bewegungsmuster einbeziehen. Da

CrossFit einen großen Schwerpunkt auf Übungen setzt,

die Full-Range-of-Motion in vielen Gelenken erfordern,

ist es wichtiger denn je, in der Befundung einen genauen

Blick auf die gesamte kinetische Kette zu werfen. Wenn

jemand limitierte Beweglichkeit in den Sprunggelenken,

Defizite in Hüft- und Rumpfstabilität, eingeschränkte

BWS-Extension oder unzureichende Scapulastabilität

aufweist, ist es beispielsweise erheblich schwieriger,

ein schweres Gewicht in eine gute Überkopf-Position zu

bringen. Somit können Schulterschmerzen bei Gewicht-

hebetechniken wie dem Reißen (»Snatch«) auch durch

verringerte Dorsalextension im Sprunggelenk zustande

kommen. Niemand ist besser geeignet, diese komplexen

Zusammenhänge zu identifizieren, als wir Physiothera-

peutInnen. Durch Anpassung des Verhältnisses von

struktureller Belastung versus Belastbarkeit, dem Behe-

ben von Mobilitätseinschränkungen und dem Verbessern

neuromuskulärer Skills müssen wir zielorientiert einen

graduellen Return-to-CrossFit unserer PatientInnen an-

streben. Andererseits sollten wir CrossFit unbedingt als

Alternative zum herkömmlichen Fitnesscenter sehen,

um damit unseren PatientInnen nach der sportphysio-

therapeutischen Reha ein sinnvolles Transferprogramm

anbieten zu können. Eine konsequente Weiterentwick-

lung der athletischen Fähigkeiten am Weg zu einem

sicheren Return-to-Sport, beispielsweise nach ACL-Re-

konstruktion, ist absolut unverzichtbar (Bien & Dubuque,

2015). Wir dürfen unsere AthletInnen dabei aber nur

in die Hände von Coaches geben, die die CrossFit-

Methodologie hoch-qualifiziert und verantwortungs-

bewusst umsetzen.

Andreas Sperl, BSc, Sebastian Rieder, Alexander Baillou

FITNESS

Andreas Sperl, BSc, Sebastian Rieder, Alexander Baillou

Q&A mit

Sebastian Rieder

It’s all about the coach!

Sebastian Rieder ist Head-Coach von CrossFit-

Vienna und einziger Certified CrossFit® Level 4

Trainer in Europa.

Basti, was macht für dich einen guten,

verantwortungsvollen CF-Coach aus?

Für einen guten CrossFit-Coach ist fachliches

Wissen natürlich von großem Nutzen, aber noch

viel wichtiger ist es Bewegungen zu verstehen, um

Fehler rasch erkennen und ausbessern zu können.

Um den Trainingsreiz zu optimieren und Verletzun-

gen vorzubeugen muss der Trainer das Gewicht

und die Trainingsintensität individuell anpassen.

Ebenso essentiell ist die Kenntnis von methodi-

schen Übungsreihen für Sportler, die komplexere

Bewegungen noch nicht korrekt ausführen können.

Wer beispielsweise eine Kniebeuge gut erklären

kann, lernt die Fehler zu erkennen und rasch

zu korrigieren. Dem traue ich zu, dies auch bei

anderen Übungen erfolgreich zu meistern.

Ein Tipp für angehende Coaches ist es, sich seiner

Fähigkeiten und auch Grenzen bewusst zu sein.

Am besten startet man mit 1-on-1-Coaching,

einfachen Übungen und baut dann langsam seine

Fähigkeit, Gruppen und komplexere Bewegungen

zu unterrichten, aus.

Abbruchkriterien sollten in einem Workout so nicht

wirklich vorkommen, da man als Coach schon im

Vorfeld die richtige Skalierung und Übungsauswahl

für jeden gefunden haben sollte. Wenn jemand in

einem Workout auf Grund der Intensität nicht mehr

adäquat arbeitet, muss das Gewicht und/oder

die Geschwindigkeit reduziert werden, bis die Be-

wegung den gewünschten Standards entspricht.

Ein ganz essentieller Aspekt des Trainings ist es,

zuerst einmal die Bewegungen technisch korrekt

ausführen zu können und dann erst graduell

die Intensität zu erhöhen.

Schmerzhafte Bewegungen sind generell zu

vermeiden und durch Übungen zu ersetzen,

die einem ähnlichen Ziel dienen, aber keine

Schmerzen bereiten.

LITERATUR

Bien, D. P., & Dubuque,

T. J. (2015). Considera-

tions For Late Stage

ACL Rehabilitation And

Return To Sport To

Limit Re-Injury Risk

And Maximize Athletic

Performance. Interna-

tional Journal of Sports

Physical Therapy,

10(2), 256-271.

Hak, P. T., Hodzovic, E.,

& Hickey, B. (2013).

The nature and preva-

lence of injury during

CrossFit training. J

Strength Cond Res

(Epub ahead of print).

Heinrich, K. M., Patel,

P. M., O’Neal, J. L., &

Heinrich, B. S. (2014).

High-intensity compa-

red to moderate-

intensity training for

exercise initiation,

enjoyment, adherence,

and intentions: an in-

tervention study. BMC

Public Health, 14, 789.

Hespanhol Junior, L. C.,

Pena Costa, L. O., &

Lopes, A. D. (2013).

Previous injuries and

some training charac-

teristics predict run-

ning-related injuries in

recreational runners:

a prospective cohort

study. J Physiother,

59(4), 263-269.

© Kzenon – Fotolia.com

© CrossFit Vienna_The Loft