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physio
austria
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April 2016
Themenschwerpunkt
Physiotherapie in Sport und Orthopädie
Physiotherapie und Parkour
Für ÄrztInnen und PhysiotherapeutInnen sind diese teils »neuen«
Sportarten nicht mehr aus dem Praxisalltag wegzudenken. Viele
aktive AthletInnen, leistungsorientierte FreizeitsportlerInnen sowie
Bewegungsneulinge suchen Rat bei PhysiotherapeutInnen ihres
Vertrauens, um diese Sportarten verletzungsfrei ausüben zu
können und sich optimal auf die körperlichen Belastungen vor-
zubereiten. Für Dominik Simon, Physiotherapeut und seit sieben
Jahren selbst aktiver Athlet, ist die Sicherheit oberste Priorität,
um Verletzungen in seiner Sportart Parkour vorzubeugen.
»Mache nur etwas, für das du dich 100 Prozent bereit fühlst«
ist der Leitsatz der Community.
Simon war immer schon fasziniert von Jackie Chan Filmen, durch
den Film »James Bond – Casino Royal« wurde sein Interesse end-
gültig erweckt und er begann im Internet nach Tutorials für Park-
our zu suchen. Schnell wurde er auf YouTube fündig, verabredete
sich mit Freunden und begann mit seinem Training. Aus seinem
heutigen Alltag ist Parkour nicht mehr wegzudenken. »Schürf-
wunden und blaue Flecken gehören zum Trainingsalltag, jedoch
können gravierendere Verletzungen mit einer guten Reflexions-
fähigkeit weitgehend vermieden werden.« Wenn doch einmal
größere Verletzungen auftreten, dann betreffen diese meist das
Sprunggelenk (Supinationstrauma) oder Sehnenreizungen (am
Knie und an der Schulter). Die Benutzung von Protektoren ist laut
Simon eher kontraproduktiv, da sie die Bewegung des Körpers
einschränken, dem Kopf nur mehr Sicherheit suggerieren und so
zu mehr Risikobereitschaft verleiten. Aus physiotherapeutischer
Sicht rät er besonders dazu, auf die Regenerationszeit nach dem
Training zu achten. Speziell AnfängerInnen neigen dazu, ohne not-
wendige Ruhephasen zu intensiv zu trainieren, wodurch vermehrt
Überlastungsproblematiken auftreten. »Meist müssen Anfänger
eher gebremst als noch zusätzlich motiviert werden!« Weiters sind
die Sprung- bzw. Landephase ein entscheidendes Kriterium für
eine gesunde Ausführung der Sportart Parkour. Oft wird auf die
korrekte Beinachse sowie die Hüftstabilität zu wenig Rücksicht
genommen, man könnte durch gezieltes Training Verletzungen
an der unteren Extremität sicherlich minimieren.
Der Trend zur Sportart Parkour entstand am Ende der 1980er
in einem Pariser Vorort. Damals versuchte eine Gruppe von
Jugendlichen die »Méthode Naturelle«, welche eine mentale und
physische Ausbildung des Körpers in der Natur darstellte, auf den
urbanen Lebensraum anzupassen. Parkour in diesem Sinne er-
möglichte ihnen, ihren Körper so effizient wie möglich im urbanen
Raum einzusetzen. Die Architektur stellt die SportlerInnen dabei
immer wieder vor neue Herausforderungen, dadurch wiederum
sind der Kreativität des Weges keine Grenzen gesetzt. Heutzutage
werden neben Kinderkursen auch SeniorInnenkurse angeboten,
um jeder Altersschicht die Chance einer schonenden, funktionel-
len Kräftigung zu geben. Für die einen ist es interessant, über eine
drei Meter hohe Mauer zu springen und mit einer eleganten Rolle
abzurollen. Für die anderen ist es schon ein Erfolg, wenn sie drei
Stufen – hinauf natürlich - auf einmal nehmen können.
Kommerzialisierung als Herausforderung
Die Vielfältigkeit und die ortsungebundene Möglichkeit seinen
Körper in unmittelbarem Umfeld gezielter und bewusster wahr-
zunehmen, spielen hierbei eine wichtige Rolle im Leben eines
Parkour Sportlers wie Dominik Simon. Die Entwicklung dieser
noch verhältnismäßig jungen Sportart ist unaufhaltsam. Immer
mehr »Traceure und Traceusen« versuchen sich an Stiegenhäu-
sern, Wänden oder auch freistehenden Fahrradständern. Es gibt
praktisch keinen Lebensraum, wo diese Sportart nicht ausgelebt
werden kann.
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GIZ FOKUS TAGE 2016
Im Rahmen der GIZ FOKUS TAGE 2016 von 28. April bis
1. Mai 2016 wird der letzte Tag - neben einem insgesamt
umfangreichen orthopädischen und physiotherapeuti-
schen Vortrags- und Workshop-Programm - ganz im Zei-
chen der URBAN SPORTS stehen. Neben live Demo
Shows von professionellen AthletInnen werden auch un-
terschiedliche interessante Vorträge zu praxisrelevanten
Themen präsentiert. Vielleicht inspiriert der unmittelbare
Kontakt mit den Profis auch andere PhysiotherapeutIn-
nen dazu, den urbanen Lebensraum auch mal als Sport-
platz zu betrachten und über die eine oder andere kleine
Mauer zu springen.
Nähere Infos unter
www.giz-fokus.at