

Armprothetik
Gegenwart und Zukunft von Versorgungen
nach Verlust der oberen Extremität
Grundsätzlich lassen sich derzeitige Prothesentypen in
drei Kategorien einteilen: kosmetische, mechanische
und myo-elektrische Prothesen. Während eine kosme-
tische Prothese täuschend echt die verlorene Hand
nachbilden kann, ermöglicht sie kein aktives Greifen.
Sie ersetzt dennoch das Gewicht der verlorenen Extre-
mität und kann zum Gegenhalten und Stabilisieren
eingesetzt werden. Mechanische oder zugbetätigte
Prothesen stellen eine sehr robuste und verhältnismäßig
kostengünstige Form der aktiven Prothese dar. Mithilfe
eines Bardenzuges ist ein Greifen oder Bewegen des
Ellenbogens möglich. Die klassische aktive Versorgung
in Österreich erfolgt mit myo-elektrischen Prothesen.
Die Bewegungen werden dabei mithilfe kleiner Elektro-
motoren ausgeführt. Die Steuerung selbst erfolgt über
die Aktivität der noch vorhandenen Muskeln am Stumpf
und wird über Oberflächen-EMG-Elektroden abgegriffen.
Diese sind in den Schaft der Prothesenversorgung ein-
gearbeitet und liegen somit beim Anziehen an der richti-
gen Stelle auf der Haut auf.
Zukünftige Entwicklungen
In den letzten Jahren zeigt sich in der Hand-Prothetik
der Trend zu mehr Freiheitsgraden. Anstatt von ein oder
zwei verschiedenen Griffarten bieten immer mehr Her-
steller einzeln bewegbare Finger an. Derzeit sind solche
Prothesen allerdings noch durch die Steuermöglich-
keiten verhältnismäßig limitiert, da nur wenige Signale
zur Verfügung stehen. Abhilfe soll hier das Konzept der
Mustererkennung bringen, das in den vergangenen
Jahren stark im Fokus der internationalen Forschung war
und demnächst in regulären Produkten auf den Markt
kommen wird.
Hierzu werden anstelle von klassischerweise zwei
Elektroden zur Signalaufnahme wesentlich mehr
eingesetzt. Im Folgenden »lernt« die Prothese dann
den NutzerInnen, welche Elektroden bei welcher
Bewegung aktiviert werden. Später kann sie dann
die gewünschten Bewegungen selbstständig erkennen
und ausführen. Dies ermöglicht die Steuerung einer
großen Anzahl von Bewegungen. Ebenso Gegenstand
der Forschung ist seit einigen Jahren die Überlegung,
intelligente Feedback-Systeme in Prothesen zu inte-
grieren, die etwa Berührungen oder Druck rückmelden
können. Wenngleich es hier in Versuchen bereits viel-
versprechende Ergebnisse gibt, wird die sinnvolle
Integration dieser Technologien in Produkte auf dem
Markt vermutlich noch einige Zeit dauern.
Physiotherapie in der Prothetik
International sind sowohl Physio- als auch Ergothera-
peutInnen im Feld der Prothetik aktiv. Ihre wichtige
Aufgabe besteht darin, PatientInnen während der
Versorgung zu beraten, im Umgang mit der Prothese
einzuschulen, den Einsatz im Alltag zu üben und
mögliche Komorbiditäten wie Narben oder kontrakte
Gelenke zu behandeln. Je komplexer die Versorgung
wird, desto wichtiger und anspruchsvoller wird natür-
lich auch die Rehabilitation. Dies erfordert von den
betreuenden TherapeutInnen neben einem profunden
Wissen in der Prothetik auch Interesse an der Technik
und Weiterentwicklungen im Feld.
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physio
austria
inform
Februar 2017
Themenschwerpunkt
Physiotherapie und Menschen mit Behinderung
»DIE WICHTIGSTE AUFGABE BESTEHT DARIN,
PATIENTiNNEN WÄHREND DER VERSORGUNG
ZU BERATEN, IM UMGANG MIT DER
PROTHESE EINZUSCHULEN, DEN EINSATZ
IM ALLTAG ZU ÜBEN UND MÖGLICHE
KOMORBIDITÄTEN WIE NARBEN ODER
KONTRAKTE GELENKE ZU BEHANDELN.«
Nach Amputation einer Hand oder des ganzen Armes steht im Mittelpunkt
der prothetischen Versorgung die Wiederherstellung von Optik, Funktion
und Gewicht der verlorenen Extremität. Je nach betroffener Person kann
der Fokus dabei sehr unterschiedlich sein. Zukünftige technische Ent-
wicklungen werden außerdem noch mehr Möglichkeiten schaffen.