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physio

austria

inform

Dezember 2015

17

EPIDERMOLYSIS BULLOSA

Elisabeth Sengl

Ich habe das Glück, mit einem Kind arbeiten zu können,

das sehr begeisterungsfähig und motiviert ist. Gerald ist

9 Jahre alt und besucht die Volksschule. Er ist immer offen

für neue Ideen und versucht gerne auch mal, anstren-

gende und etwas schwierige Übungen mit mir zu machen.

Seit zwei Jahren darf ich Gerald bereits betreuen.

Das Hauptaugenmerk bei Kindern mit dem Krankheitsbild

Epidermolysis bullosa, einem Schmetterlingskind, liegt für

mich in erster Linie beim altersentsprechenden Umgang

mit Wünschen und Anliegen des Kindes. Wenn z.B. in der

Schule viele Stufen zu bewältigen sind, ist es natürlich ein

Ziel, dass das Kind die Stufen alternierend mit und ohne

Halten am Geländer gehen lernt. Dazu muss nicht immer

direkt an der Stiege gearbeitet werden. In der Physiothe-

rapie bieten sich viele Möglichkeiten, die Beinmuskulatur

zu stärken und das Gleichgewicht zu trainieren. Wir arbei-

ten dazu gerne im Freien, auf der Wiese, wo das Gelände

uns Steigungen vorgibt, die bewältigt werden müssen.

Das Trampolin bietet sich an, um am Gleichgewicht zu

arbeiten. Auch das Theraband findet bei uns Verwendung.

Übungen zur Stärkung der Bein- und der Rumpfmusku-

latur sind außerdem sehr wichtig, damit diese Kinder

weniger sturzgefährdet sind. Sie lernen, sich schneller

und sicherer auszubalancieren, und vermeiden dadurch

den einen oder anderen Sturz.

Abwechslungsreiche Therapie

Wir gestalten die Therapie sehr abwechslungsreich, damit

wir den ganzen Körper auf unterschiedliche Weise stärken

und trainieren. Die Möglichkeiten dazu ergeben sich meist

aus den vorhandenen Gegebenheiten des Umfelds des

Kindes. Ein Garten mit Unebenheiten, Bäumen, Bordstein-

kanten zum Balancieren, Fahrzeuge wie Roller oder ein

»Bobby car« finden immer wieder Anklang bei Gerald.

Auch im Haus gibt es unterschiedliche Möglichkeiten, um

zu arbeiten: Therabänder, Wackelkissen, Pezzibälle und

dergleichen sind immer wieder sehr beliebt. Wir üben und

trainieren dann immer gemeinsam, denn zu zweit machen

alle Übungen mehr Spaß. Dabei kann man deutlich sehen,

dass bestimmte Übungen mit der Zeit immer sicherer

Debra Austria

Die Patientenorganisation DEBRA Austria wurde

1995 gegründet und hilft Menschen, die mit

Epidermolysis bullosa (EB) leben. Seit 2005 gibt

es mit dem EB-Haus Austria eine Spezialklinik

für »Schmetterlingskinder«.

Schmetterlingskinder

Betroffene bezeichnen wir als »Schmetterlings-

kinder«, weil ihre Haut so verletzlich ist wie die

Flügel eines Schmetterlings. EB zählt zu den

seltenen Erkrankungen. In Österreich sind rund

500, in Europa etwa 30.000 Menschen betroffen.

Das öffentliche Gesundheitssystem ist auf die

besonderen Herausforderungen einer derartigen

Erkrankung nicht vorbereitet. Daher sind medi-

zinische Versorgung, Forschung und individuelle

Unterstützung für die »Schmetterlingskinder«

derzeit nur mit Spenden möglich.

Das Krankheitsbild

EB bewirkt, dass die Haut schon bei geringsten

Belastungen Blasen bildet oder reißt. Wunden

treten auch an Schleimhäuten, in Mund, Augen,

Speiseröhre und im Magen-Darm-Trakt auf.

Bei schweren Formen von EB ist die Lebenser-

wartung verkürzt. Ein Leben mit EB ist eine große

Herausforderung für Betroffene und Angehörige.

© SusaZoom - Fotolia.com

und mit mehr Durchhaltevermögen ausgeführt werden

können. Das motiviert Gerald natürlich genauso wie mich.

Wir machen auch Dehnungseinheiten wie »richtige Sport-

lerInnen«, damit der Körper geschmeidiger wird und um

Haltungsfehlern entgegen wirken zu können. Das ist

meiner Meinung nach ein sehr wichtiger Aspekt, denn

Kinder in Geralds Alter sind gezwungen, viele Stunden

in der Schule und beim Erledigen der Hausaufgaben zu

sitzen. Auch der Reiz des Fernsehers und digitaler Spiele

lässt die Kinder viel zu viel Zeit im Sitzen verbringen.

Ausgleichsbewegungen mittels Dehnung und Bewegung

im Freien sind deshalb sehr wichtig.

Motivation im Zentrum

Das Wichtigste aber ist immer die momentane Aus-

gangslage, ob Blasen das Gehen zurzeit behindern, oder

anderswo die Bewegung einschränkt wird durch offene

Stellen. Als TherapeutIn muss man immer flexibel auf

diese Ausgangslage reagieren können. Ich als Physio-

therapeutin empfinde es als meine Aufgabe, Gerald dazu

motivieren zu können, sich gerne zu bewegen, ohne Angst

dabei haben zu müssen, dass er sich verletzen könnte.

Vor allem Spaß sollte immer mit dabei sein, denn ohne

Spaß übt und trainiert niemand gern. Ich bin sehr froh,

auf so vielfältige Weise mit Gerald arbeiten zu können,

und dabei zu bemerken, dass ihm Bewegung Freude

bereitet, dass er dadurch sicherer und kräftiger wird

und dadurch auch der Alltag einfacher zu bewältigen ist.

Elisabeth Sengl

© Rudi Hametne

© Rudi Hametne

SPENDEN UNTER

www.schmetterlingskinder.at/spenden

sowie unter

AT22 6000 0000 9000 0041, BIC: OPSKATWW