Die bewegte Frau
Bewegungsförderung im Grätzl
Eine Erfolgsgeschichte
In der Bassena, dem Nachbarschaftszentrum der Hans-
sonsiedlung, finden sich seit Oktober regelmäßig durch-
schnittlich 15 Frauen der Altersgruppe 60 plus mit
Begeisterung am präventiven Bewegungsangebot »Die
bewegte Frau« ein und schätzen die physiotherapeuti-
sche Fachkompetenz. Das für jede Einheit von zwei Stu-
dierenden entwickelte Programm ist auf die funktionellen
Bedürfnisse der Teilnehmerinnen abgestimmt, orientiert
sich an den Ergebnissen eines Eingangsassessments (in
Anlehnung an Functional Movement Screen, FMS) sowie
an gruppenspezifischen Wünschen. Die Auswertung einer
Stichprobe (n=11) der Teilnehmerinnenpopulation ergab
bei allen Frauen eine Verbesserung des Assessmentsco-
res (siehe Abb.) und der Verrichtung alltäglicher Abläufe
innerhalb von drei Monaten.
Der Erfolg ist jedoch nicht nur quantifizierbar, sondern
auch in qualitativer Hinsicht zeigt sich gesteigerte Bewe-
gungsfreude, Wohlbefinden und die Bereitschaft, den
aktiven Lebensstil beizubehalten.
Die Wiener Gesundheitsförderung (WIG) organisiert und
fördert Maßnahmen im Grätzl, um gesundheitsförderliche
Lebensbedingungen für die BewohnerInnen zu gewähr-
leisten. Favoriten als einwohnerInnenstärkster Gemein-
debezirk Wiens mit vielschichtiger Bevölkerungszusam-
mensetzung und das Bestreben der FH Campus Wien in
Favoriten, sich verstärkt in das kommunale Umfeld der
Hochschule einzubringen, waren eine Triebfeder, für den
Studiengang Physiotherapie initiativ zu werden. Die
Gesundheitsförderung und Prävention – wesentliches
curriculares Ausbildungsziel, aber auch Interessensgebiet
der Stadtpolitik – bot Potenzial für eine erfolgreiche
Kooperation.
Konzeptionierung und Kick-Off einer
Bewegungsgruppe
Die Kooperationsanbahnung zwischen den Wohnpartnern
und dem Studiengang Physiotherapie, der in enger Zu-
sammenarbeit mit dem Wiener Krankenanstaltenverbund
durchgeführt wird, erfolgte im Juni 2016. Anfang Oktober
fiel bereits der Startschuss zum ersten präventiven Be-
wegungsangebot mit einer effektiven zweimonatigen Ent-
wicklungszeit. Hilfreich war, dass die MitarbeiterInnen
der sozialen Einrichtung Kenntnisse über die Bedürfnisse
der soziokulturellen Schichten und der Altersgruppen in
der großen städtischen Wohnhausanlage Per Albin Hans-
sonsiedlung einbrachten. So entstand das Projekt »Die
bewegte Frau«, das einmal wöchentlich mit zwei Gruppen
in das Repertoire der Wohnpartner übernommen wurde.
Die Studierenden des fünften Semesters gestalteten die
Bewegungsangebote, führten diese durch, evaluierten sie
gemeinsam mit den Lehrenden im Rahmen ihres Prakti-
kums im Bereich Prävention und Public Health und wand-
ten das theoretisch erworbene Wissen an.
Erfahrungswerte aus einem Kooperationsprojekt
des Studiengangs Physiotherapie der FH Campus
Wien mit den Wohnpartnern Wien Favoriten.
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physio
austria
inform
Juni 2017
Themenschwerpunkt
Gendermedizin in der Physiotherapie
ABB.
FMS–Punkte vor und nach dem Bewegungsangebot
3
2,5
2
1,5
1
0,5
0
1 Squats
2 Schultermobilisation 3 Ellbogen-Knie diagonal
vorher
nachher
vorher
nachher
vorher
nachher
Erfahrungsgestützte Erfolgsfaktoren für Bewegungsprojekte
✔
Angebot mit leichter Zugänglichkeit
(offene Gruppe ohne Mitgliedschaft)
✔
homogene Gruppe
(Alter, evtl. Geschlecht, Anforderungen im Alltag)
✔
auf Bewegungsvorlieben und Gruppenwünsche
wird eingegangen
✔
Mitgestaltungsmöglichkeit und Selbstengagement
sind möglich und erwünscht
✔
Regelmäßigkeit im Jahresablauf
✔
kreative inhaltliche Gestaltung und
unterschiedliche Methoden
✔
anwendungsorientierte Beratung
zum Bewegungsverhalten
✔
Transfer Alltag-Bewegungsübungen
ist für Teilnehmerinnen erkennbar
✔
emotionale Bindung an die Gruppe
✔
sichtbare Erfolge durch Assessments