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Februar 2017
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LUMBALE PROPRIOZEPTION
Mag. Christoph Thalhamer, BSc
Hinsichtlich der Messprotokolle und Messapparate gab es
in den Studien große Variation. PatientInnen mit MLR zeigten
im Vergleich zu den Kontrollsubjekten eine beeinträchtigte
lumbale Propriozeption beim aktiven JRT im Sitzen oder
beim TTDPM-Test. Es konnten keine Unterschiede gefunden
werden zwischen den beiden Studiengruppen beim aktiven
JRS im Stehen und beim passiven JRS im Sitzen. Es scheint,
dass jene Subgruppe von PatientInnen, die in lumbaler
Flexion ihren bekannten Schmerz auslösen können, eine
deutlich schlechtere lumbale Propriozeption hat als alle
anderen bisher untersuchten Subgruppen.
Es konnten keine Hinweise gefunden werden, dass eine
beeinträchtigte lumbale Propriozeption eine Prädisposition
für das Entstehen von MLR bei ursprünglich beschwerde-
freien PatientInnen darstellt.
Kommentar
Das vorliegende SR gibt einen guten Überblick über die aktu-
elle Forschungslage zum Thema. Der direkte klinische Nutzen
der vorliegenden Ergebnisse für betroffene PatientInnen ist
allerdings aus streng evidenzbasierter Sicht noch gering. Dies
liegt einerseits darin begründet, dass es sich um analytische
Beobachtungsstudien mit nur moderater Qualität handelt, an-
dererseits liegt eine große Variation bei den Messprotokollen
und -apparaten vor. Die zahlreichen Probleme, die implizit
oder explizit aufgezeigt werden, werden den Nachweis eines
spezifischen diagnostischen oder therapeutischen Nutzens
dieser Intervention noch um einige Jahre verzögern.
Insbesondere folgende Themen sollten in den kommenden
Jahren intensiv beforscht werden:
°
Reliabilität der Messung der lumbalen Propriozeption
°
Etablierung der Konstruktvalidität
°
Entwicklung eines Referenztests, um zukünftig die
Übereinstimmungsvalidität der lumbalen Propriozep-
tionsmessungen zu prüfen
°
Durchführung von RCTs mit Subgruppen von PatientIn-
nen, die ein entsprechendes lumbales propriozeptives
Training durchführen, um eventuell kausale Schlüsse
ziehen zu können zwischen Propriozeption und
mechanischem Rückenschmerz.
Bei der Erforschung dieser zukunftsweisenden Themen
sind in erster Linie PhysiotherapeutInnen gefordert.
Das SR selbst weist einige wenige Limitationen auf,
von denen eine Auswahl genannt wird:
°
Nur englischsprachige Literatur wurde gesichtet.
°
Publication Bias wurde nicht beurteilt.
°
Punktevergabesysteme in der Qualitätsbeurteilung
werden nicht empfohlen.
䡧
LITERATUR:
Foster NE, Hill JC & Hay EM (2011).
Subgrouping patients with low back
pain in primary care: Are we getting
any better at it? Man Ther 16: 3-8
Panjabi MM (2006). A hypothesis
of chronic back pain: ligament sub-
failure injuries lead to muscle control
dysfunction. Eur Spine J 15: 668-676
DOI 10.1007/s00586-005-0925
Whiting P, Harbord R & Kleijnen J
(2005). No role for quality scores in
systematic reviews of diagnostic
accuracy studies. BMC Med Res
Methodol 5: 19 doi:10.1186/1471-
2288-5- 19
KURSANKÜNDIGUNG
Physiotherapie in der Orthopädischen
Wirbelsäulenchirurgie – LWS
23. bis 24. März 2017
Wien, Physio Austria Kurszentrum
Mag. Christoph Thalhamer, BSc