inform_Nr3_Juni2013 - page 10

10
physio
austria
inform
Juni 2013
Themenschwerpunkt
Arbeitsmedizin
Trotz Fortschritten in der Arbeitswelt besteht kein Grund,
sich beruhigt zurückzulehnen: Burnout und chronische
Beschwerden immer älterer ArbeitnehmerInnen greifen
rasch um sich. Daraus ergibt sich vor allem für Physiothe-
rapeutInnen ein neues, fachlich und zukunftsträchtiges
Tätigkeitsfeld der Physiotherapie in der Arbeitswelt, das
zu großen Teilen noch brach liegt.
Der Wirkungsbereich der Physiotherapie in der Arbeits-
welt bringt unseren Berufstand in Kontakt mit für uns
neuen Zielgruppen:
°
Anstatt einer/s Patientin/en sehen wir uns Menschen
gegenüber, die ihr körperliches Problem oft noch gar
nicht als »Leiden« wahrgenommen haben
°
anstatt einer/s überweisenden Ärztin/Arztes steht
ein Unternehmen als Auftraggeber am Anfang des
Arbeitseinsatzes und
°
anstelle des vorgegebenen Behandlungsprogramms
zum Kassentarif sind vermehrt Kreativität und kauf-
männisches Geschick zur Problemlösung gefragt.
Die ArbeitnehmerInnen sind heute häufig durch Spezial-
wissen, lange Ausbildungsdauer und den viel zitierten
Facharbeitermangel nur schwer ersetzbar. Diese Situation
sowie eine Fülle von Gesetzen motivieren Unternehmen
dazu, die Arbeits- und Produktionsabläufe zu verbessern.
Steigende Wertschätzung gegenüber den ArbeitnehmerIn-
nen als Teil des Firmenleitbildes verstärken das Interesse
von Firmen, sich diesbezüglich einzusetzen.
Die Physiotherapie-Ausbildung gibt für diese Anforderung
das richtige Rüstzeug: Der geübte Blick auf den Körper in
Bewegung, seine Hebelwirkung und die zu erwartende
Abnützung ermöglicht uns, einen Blick in die Zukunft zu
werfen. Bei Analysen in der Werkshalle oder am Büro-
Arbeitsplatz erkennt das geschulte Auge rasch jene Situa-
tionen, die – falls der Arbeitsplatz nicht angepasst wird –
zu chronischen Beschwerden führen werden. Diesen
Zugang zum Thema kann keine andere Berufsgruppe in
dieser Weise bieten.
Ergonomie am Arbeitsplatz ermöglicht ebenso wie die
physiotherapeutische Arbeit in der Klinik ein hohes Maß
an persönlicher Begegnung. Nach einer Arbeitsplatzana-
lyse oder einem Kurs zum Thema Rückengesundheit be-
ginnen die ArbeitnehmerInnen häufig, ihre Arbeitswelt mit
anderen Augen zu sehen und die Verantwortung für ihre
Gesundheit vermehrt selbst in die Hand zu nehmen.
Die Unternehmensleitung kann mit diesem Angebot
einerseits ihre Wertschätzung gegenüber der Beleg-
schaft überzeugend zum Ausdruck bringen, was das
Klima in den Firmen deutlich verbessert. Die Planung
von Produktionsstraßen unter Einbeziehung ergonomi-
scher Aspekte verringert andererseits Unfälle und
Krankenstände und bringt für ArbeitnehmerInnen und
ArbeitgeberInnen Gewinn.
Es zeigt sich also, dass der Einsatz von Physiothera-
peuten und Physiotherapeutinnen in der Arbeitswelt
ein wesentlicher und nachhaltiger Beitrag in der be-
trieblichen Gesundheitsförderung ist, der in Firmen
bereits sehr geschätzt wird. Die Zusammenarbeit mit
Betriebsärzten/Betriebsärztinnen kann durch den Ein-
satz in verschiedenen Planungsbereichen und Arbeits-
gruppen von Unternehmen um weitere interessante
Facetten bereichert werden.
Als PhysiotherapeutIn einen Arbeitsplatz in einer Werk-
shalle, einem Planungsbüro oder im Sekretariat zu
suchen, bedeutet für unseren Berufsstand eine neue,
spannende Herausforderung. Der Arbeitsbereich
Prävention lohnt unseren Einsatz mit ebenso viel Wert-
schätzung wie die Arbeit in Klinik und Ordination.
Häufig ist die Arbeit in Betrieben als regelmäßiges
Projekt mit unterschiedlichen zeitlichen Vorgaben
angelegt. Daraus resultiert große Flexibilität, die es
ermöglicht, die betriebliche Gesundheitsförderung
als ein weiteres berufliches Standbein neben einer
Praxis zu führen.
Das fachliche Netzwerk »Arbeit und Gesundheit &
Prävention« bietet zum Thema Ergonomie und betrieb-
liche Gesundheitsförderung und Prävention laufend
Kurse an und steht für weitere Informationen gerne
zur Verfügung.
Die Werkshalle als
Physio-Arbeitsplatz
Gekrümmte Rücken, hinkende Alte und ausgemergelte Menschen –
sie sind aus unserer Gesellschaft weitgehend verschwunden.
Ein deutlich verbessertes Arbeitsrecht und unzählige technische
Neuerungen haben die Arbeitswelt verbessert.
1,2,3,4,5,6,7,8,9 11,12,13,14,15,16,17,18,19,20,...32
Powered by FlippingBook