inform_Nr3_Juni2013 - page 7

physio
austria
inform
Juni 2013
7
PHYSIOTHERAPEUTISCHER PROZESS
Mag. Dr. Ursula Eckler
Der physiotherapeutische Prozess ist die
hypothesengeleitete Denkstruktur, an der
sich das professionelle physiotherapeutische
Handeln in der Praxis orientiert: Die Proble-
midentifizierungsphase steuert die Informa-
tionsaufnahme, die Planung und Durch-
führung der Untersuchung bis zur physio-
therapeutischen Diagnose. Die Planungs-
phase strukturiert die Therapiezielfestlegung
und die Planung von Behandlungsmaßnah-
men. Die Umsetzungsphase leitet die
Durchführung der physiotherapeutischen
Maßnahmen, die Verlaufs- und Erfolgskon-
trolle sowie den Therapieabschluss. Ergänzt
werden die Phasen des physiotherapeuti-
schen Prozesses von phasenübergreifenden
Strukturelementen wie zum Beispiel Doku-
mentation und Reflexion.
Im Folgenden sollen drei Fragen zum physio-
therapeutischen Prozess im Handlungsfeld
der Arbeitsmedizin und Prävention geklärt
werden.
Worin unterscheidet sich Physiotherapie
in der Arbeitsmedizin und Prävention
von Physiotherapie im klinischen
Handlungsfeld?
Physiotherapie in der Arbeitsmedizin und
Prävention unterscheidet sich von Physio-
therapie im klinischen Bereich vor allem in
folgenden Faktoren:
°
Der Kontakt PhysiotherapeutIn-KlientIn
wird (meist) nicht von den KlientInnen
initiiert, sondern vom Unternehmen
(ArbeitgeberIn) oder sozialen Einrichtun-
gen (z. B. Schulen, Gesundheitsein-
richtungen).
°
Die Zielgruppe der physiotherapeuti-
schen Intervention ist häufiger eine Per-
sonengruppe (mit gemeinsamen Risiken
oder Interessen) als eine Einzelperson.
°
Die Hypothesenbildung im physiothera-
peutischen Prozess stützt sich neben
der Analyse von Belastungsfaktoren vor
allem auf die Antizipation von möglichen
zukünftigen Belastungen.
°
Im Fokus der physiotherapeutischen
Intervention steht nicht ein manifestes
klinisches Bild, sondern die Vermeidung,
Abschwächung bzw. Verzögerung von
Auswirkungen definierter Belastungs-
faktoren.
°
Der Ort, an dem Physiotherapie in der
Prävention stattfindet, ist meist nicht
die physiotherapeutische Praxis oder die
Ambulanz bzw. Station einer Krankenan-
stalt, sondern vorwiegend eine Bildungs-
institution oder soziale Einrichtung bzw.
eine Arbeitsstätte.
°
Erfolgt die (präventivmedizinische)
physiotherapeutische Intervention im
Interesse und mit dem Einverständnis
des/r ArbeitgeberIn UND steht die
Erwerbstätigkeit der betroffenen Person
als wesentlicher Belastungsfaktor im
Vordergrund, kann man diese physiothe-
rapeutische Leistung dem Fachgebiet
der Arbeitsmedizin zuordnen.
In der Anwendung physiotherapeutischer Prozesse im
Arbeitsumfeld müssen im Unterschied zu Einzeltherapien
einige wesentliche Fragestellungen beachtet werden.
Der physiotherapeutische
Prozess in der Arbeits-
medizin und Prävention
Mag. Dr. Ursula Eckler
ist Physiotherapeutin, Pädago-
gin, stellvertretende wissen-
schaftliche Leiterin des
Universitätslehrganges Sport-
physiotherapie an der Univer-
sität Wien, seit 1999 Lehrende
an der Akademie für Physio-
therapie am AKH Wien bzw. an
der FH Campus Wien, Lektorin
an der Akademie für Arbeits-
medizin in Klosterneuburg und
freiberufliche Physiotherapeu-
tin in Wien.
© Dorothea Haslinger
1,2,3,4,5,6 8,9,10,11,12,13,14,15,16,17,...32
Powered by FlippingBook