CSELLICH-RUSO
Zum Teil haben PatientInnen andere Vor-
stellungen und Erklärungsansätze für das Entstehen von
Krankheiten und dadurch auch andere Erwartungen an
Sie als Therapeutin. Ihre Patientin vertraut darauf, dass
Sie wissen, was ihr fehlt und darauf, dass Sie sie rasch
gesund machen. Sie selbst kann, so glaubt sie, nichts
dazu beitragen und macht auch deshalb nicht mit.
PRISTOJKOVIC
Das Kommunizieren mit solchen
PatientInnen kann sich als schwer erweisen. Warum?
CSELLICH-RUSO
Deutsch ist eine sehr schwierige Spra-
che. Sowohl die Laute als auch die Grammatik sowie Ihre
Wortwahl als Therapeutin können eine Herausforderung
sein. Das hängt auch vom eigenen Sprachgebrauch und
Sprachstil ab. Hilfreich für PhysiotherapeutInnen ist es,
ganz bewusst kurze Sätze zu bilden und auf Fachbegriffe
wie zum Beispiel Rotation zu verzichten.
PRISTOJKOVIC
Obwohl ich den Migrationshintergrund
sowie die Religion dieser PatientInnen berücksichtige,
frage ich mich trotzdem, wie meine interkulturelle
Kompetenz gefördert werden kann.
CSELLICH-RUSO
Um all diese Verhaltensweisen nachzu-
vollziehen, braucht es Hintergrundwissen über Gesell-
schaftssysteme, Glaubensvorstellungen, Ehre, Scham,
über Schicht-, Rollen- und geschlechtsspezifische Vor-
stellungen sowie Stolpersteine beim Kommunizieren.
Wir sprechen dabei von inter- oder transkultureller
Kompetenz, die es zu entwickeln gilt.
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SINNESSCHÄRFUNG
Mag. Dr. Renate Csellich-Ruso; Izolda Pristojkovic, BSc
»ZUM TEIL HABEN PATIENTiNNEN
ANDERE VORSTELLUNGEN UND
ERKLÄRUNGSANSÄTZE FÜR DAS
ENTSTEHEN VON KRANKHEITEN
UND DADURCH AUCH ANDERE
ERWARTUNGEN AN SIE ALS
THERAPEUTiN.«
© Johannes Unverricht
physio
austria
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April 2017
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