

Mein Inselabenteuer
Ein Auslandssemester in Zanzibar
Im Rahmen meines Studiums an der FH St. Pölten
nutzte ich 2013 die Möglichkeit, ein Praktikum im
Ausland zu absolvieren. Nach längerer Suche bin ich auf
die Organisation »World Unite!« in Tansania und das auf
Zanzibar gelegene Krankenhaus »Mnazi Mmoja General
Hospital« gestoßen. Ich war voller Erwartungen, offen
für Neues und bereit, einen erlebnisreichen Teil meines
Lebens zu bestreiten. Bewusst habe ich mich für ein
Low Developed Country entschieden. Ich war gewapp-
net, mich auf niedrigere Hygienestandards und selbst-
ständigeres Arbeiten einzulassen. Für meine Zeit im
Ausland hatte ich mir vorgenommen, für mein Leben
zu lernen und mich persönlich weiterzuentwickeln.
Gewohnt Ungewöhnliches
Angekommen auf Zanzibar hatte ich kaum Zeit, mich
zu akklimatisieren. Ich startete gleich meinen ersten
Tag im Krankenhaus. Vormittags wurden ambulante
PatientInnen physiotherapeutisch behandelt (montags
und mittwochs Erwachsene, dienstags und donnerstags
Kinder), nachmittags wurden die unterschiedlichsten
Stationen abgearbeitet. Freitags durfte ich mit der
einzigen Ergotherapeutin der Insel in entlegene Dörfer
fahren und PatientInnen in Krankenhäusern behandeln.
Krankenhäuser sind auf Zanzibar einfache, fünfmal fünf
Meter große Blechhütten ohne jegliches Inventar.
Mein Praktikumsanleiter und gleichzeitig mein einziger
Arbeitskollege Mohammed sprach perfekt Englisch
und nahm mich in der ersten Woche noch etwas an der
Hand, da mich das First Contact Practitioner-Prinzip
etwas überforderte. Mein Swahili reichte für einfache
Konversationen aus – wenn nicht, wurde mit Händen
und Füßen kommuniziert.
Mir stand ein großer Therapieraum mit drei Betten und
zwei kleinen Kabinen mit Therapieliege zur Verfügung.
Behandelt wurde täglich nach dem »First come, first
serve«-Prinzip, bis der oder die letzte PatientIn die
Praxis verlassen hat. Einen genauen Plan gab es nicht.
Therapiematerialen gab es kaum. Desinfektionsmittel
und Handschuhe existierten nicht – zum Glück hatte
ich genügend aus Österreich mitgebracht. Das nächste
Waschbecken befand sich im Nebengebäude. Die
Leintücher auf den Therapieliegen wurden nur einmal
wöchentlich gewechselt. Weder für PatientInnen noch
für MitarbeiterInnen gab es ein WC.
Auf den Stationen waren die PatientInnen ungefähr
nach dem entsprechenden Fachgebiet aufgeteilt. Sie
lagen teilweise zu zweit in Betten mit Plastikmatratzen
oder auf dem Fußboden. Pflegekräfte oder ÄrztInnen
waren nur sehr selten zu sehen.
Die Zeit in Ostafrika erweiterte meinen Horizont
und stellte mich vor Herausforderungen. Ich übte
mich in Selbstständigkeit, sah Armut und niedrige
Lebensstandards, fühlte die Kulturunterschiede und
häufig auch die Einsamkeit.
Zanzibar
Zanzibar ist ein halbautonomer Teilstaat von
Tansania und besteht aus den zwei Inseln Zanzibar
(südlich) mit der Hauptstadt Zanzibar-Town und
Pemba (nördlich). 50 Prozent der Menschen leben
unterhalb der Armutsgrenze. Arbeitstätige verdienen
durchschnittlich weniger als einen US-Dollar pro Tag.
Auf der streng muslimisch geprägten Insel sind
Swahili und Englisch Amtssprache. Die höchste
Erhebung, der Kilimandscharo, ist auf dem Festland
Tansanias zu finden. Auf 2.650 Quadratkilometern
wohnen rund 1,2 Millionen Menschen. Als Währung
verwendet man den Tansania Schilling. Ein Euro
entspricht etwa 2400 TSH.
Themenschwerpunkt
Multikulturalität in der Physiotherapie
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April 2017