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physio

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inform

Dezember 2016

Im Gegensatz dazu zeigen Assessments zur Evaluation

viele Abstufungen in den Antwortmöglichkeiten und sind

aus diesem Grund gut geeignet, Veränderungen zu er-

fassen. Beispiele für diese drei Kategorien sind folgende:

Der Tinetti-Test wird als diskriminativ eingestuft, der

Trunk-Control-Test als prognostisch und der 10m-Gehtest

als evaluativ. Die BBS kann sowohl mit dem Ziel, zu eva-

luieren, als auch mit dem Ziel, eine Prognose zu erstellen,

eingesetzt werden.

3. Art des Messinstruments

Man unterscheidet zum einen allgemeine von krankheits-

spezifischen Messinstrumenten und zum anderen Mess-

instrumente, die auf einer Selbsteinschätzung der

PatientInnen beruhen, von solchen, die auf einer Beob-

achtung oder Beurteilung der TherapeutInnen basieren.

Allgemeine Messinstrumente (z. B. SF-36) erlauben den

Vergleich unterschiedlicher PatientInnengruppen oder

die Evaluation von Maßnahmen quer über Abteilungen

hinweg, messen aber keine für die Krankheitsbilder

spezifischen und bedeutungsvollen Konstrukte. Diese

werden dafür durch krankheitsspezifische Instrumente

erfasst, zum Beispiel durch die Stroke Impact Scale.

Messinstrumente, die auf einer Beobachtung der Thera-

peutInnen beruhen (z. B. BBS, Tinetti Test, TUG) werden

wohl am häufigsten verwendet, evaluieren allerdings

nicht das, was im Alltag tatsächlich stattfindet. Um die-

sen Bereich abzudecken, stehen Selbsteinschätzungs-

instrumente zur Verfügung, zum Beispiel, um Handlungen

oder die Selbstwirksamkeit im Alltag zu bewerten (z. B.

Motor Activity Log, Falls Efficacy Scale).

4. PatientInnen und institutionelle Faktoren

Faktoren, die von PatientInnenseite die Assessment-

auswahl beeinflussen, sind das subjektive Hauptproblem,

Ziele und das Krankheitsstadium. Zum Beispiel wäre der

Tinetti-Test bei PatientInnen im Frühstadium der Parkin-

son-Erkrankung zu wenig sensitiv (Deckeneffekt) und der

Balance Evaluation Systems-Test (BESTest) geeigneter,

um mögliche Einschränkungen zu entdecken.

Institutionelle Faktoren betreffen vor allem Vorgaben von

Kliniken, zum Beispiel wird in vielen Kliniken der Barthel

Index im interprofessionellen Team durchgeführt. Häufig

sind dies allgemeine Assessments (siehe Punkt 3), die

unter anderem als Grundlage für Entscheidungen über

nächste Reha-Schritte oder die Erstellung betriebsinter-

ner Statistiken dienen.

5. Psychometrische Faktoren

Assessments müssen vor ihrem Einsatz in der Klinik

wissenschaftlich geprüft werden. Wichtige Gütekriterien

sind Reliabilität (v.a. Zuverlässigkeit und Genauigkeit der

Messung) und Validität (Gültigkeit; wie gut misst ein In-

strument, was es vorgibt zu messen). Ein weiterer wichti-

ger Faktor ist die Änderungssensitivität bei Assessments

zur Evaluation. Nicht alle Assessments weisen heraus-

ragende Gütekriterien auf. Informationen zu den jeweili-

gen Gütekriterien findet man in Publikationen zur Test-

entwicklung, aber auch auf Rehab Measures oder im

Buch »Assessments in der Rehabilitation«.

Klinisch relevante Konstrukte sind außerdem die Werte

»minimal detectable change« (MDC) und »minimal clini-

cally important difference« (MCID). Sie erlauben Aus-

sagen darüber, ob die erreichte Veränderung außerhalb

des Messfehlers liegt (MCD) und ob diese Veränderung

eine klinisch relevante Bedeutung darstellt (MCID).

6. Machbarkeit und Praktikabilität

Ob der Einsatz eines bestimmten Assessments machbar

und praktikabel ist, hängt zum einen von der Durchfüh-

rungszeit, vom benötigten Material und/oder den räumli-

chen Ressourcen ab. Zum anderen gibt es Assessments,

die ein formales Training vor dem Einsatz erfordern.

Wieder andere Assessments könnten zum Beispiel nur

auf Englisch in validierter Version zur Verfügung stehen

oder nicht dem kulturellen Hintergrund der PatientInnen

entsprechen.

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Themenschwerpunkt

Die Vermessung der Physiotherapie

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