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physio
austria
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September 2017
Themenschwerpunkt
Mental Health und Physiotherapie
Ein Wechselspiel zwischen Biologie und Umwelt führt zur Krankheitsentstehung:
Die Anorexia nervosa, Magersucht, ist eine schwere psychiatrische Störung und
betrifft vermehrt Mädchen (Verhältnis 10:1). Anlass der Gewichtsreduktion sind
teilweise negative, auf die Figur bezogene Äußerungen aus der Klasse, dem
Freundeskreis oder der Familie. Teilweise können die erkrankten Mädchen
keine Ursache für den Beginn der Erkrankung nennen.
Physiotherapie bei
Patientinnen mit Anorexie
Das Behandlungskonzept der Universitätsklinik
für Kinder- und Jugendpsychiatrie am AKH Wien
ESSSTÖRUNGEN
Aus der MHAT-Studie (Mental Health
in Austrian Teenagers) geht hervor,
dass rund 31 Prozent der Mädchen
und 15 Prozent der Buben ein erhöhtes
Risiko für Essstörungen aufweisen,
wobei sich bei den Mädchen eine
Spitze in der neunten Schulstufe
abzeichnet. Im Folgenden wird spezi-
fisch auf die Behandlung von betroffe-
nen Mädchen eingegangen.
Jugendliche mit Magersucht befinden
sich körperlich und seelisch in einem
bedrohlichen Zustand. Je rascher die
Gewichtsabnahme erfolgt – innerhalb
weniger Monate verlieren Betroffene
bis zu 25 Prozent des Gewichts – umso
gravierender sind die somatischen
Veränderungen. Man unterscheidet
bei der Anorexie den restriktiven Typus
(reine Nahrungsrestriktion) vom Binge-
Eating/Purging-Typus (mit Fressan-
fällen und gegensteuernden Maßnah-
men zur Gewichtsreduktion, selbst-
induziertem Erbrechen, Laxantien-
abusus, Diuretika, Klistiers).
Viele Betroffene betreiben exzessive
körperliche Aktivität indem sie z. B.
joggen oder ständig gymnastische
Übungen durchführen. Das Körper-
erleben der Erkrankten ist häufig durch
eine Überschätzung der Körperpro-
portionen, insbesondere von Hüfte,
Oberschenkel und Bauch gekenn-
zeichnet. Typische Persönlichkeits-
merkmale von betroffenen Mädchen
sind Ehrgeiz, Fleiß, Beharrlichkeit,
Zähigkeit oder Introvertiertheit. Neben
somatischen Veränderungen zeigen
die Patientinnen oft Komorbiditäten
wie Zwangsrituale, Angststörungen
oder depressive Verstimmung. Frühe
Erkennung und rasche, fachgerechte
Behandlung sind wichtig, um einer
Chronifizierung entgegenzuwirken.
Das Behandlungskonzept
Die Behandlung von Betroffenen an
der Universitätsklinik für Kinder- und
Jugendpsychiatrie am AKH Wien erfolgt
mithilfe eines multimodalen und multi-
professionellen Ansatzes. Das statio-
näre Behandlungskonzept wird in fünf
Phasen gegliedert (siehe Infobox
gegenüber).