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austria
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Februar 2015
11
Spezialisierte
Versorgung versus
Grundversorgung
Interdisziplinäres Arbeiten in der
Palliative Care aus Sicht der Physiotherapie
PALLIATIVE CARE
Tanja Grubmüller, Eva Müllauer
© nielskliim – fotolia.com
Das Grundprinzip der Palliative Care ist ein ganzheit-
licher Betreuungsansatz und die Physiotherapie ist
ein Teil davon. Ihr Leistungsangebot umfasst die
funktionserhaltenden, sowie funktionsverbessern-
den Therapiemaßnahmen, Atemtherapie, schmerz-
lindernde Maßnahmen und diverse Entspannungs-
techniken. Oft wird der menschlichen Zuwendung
seitens der TherapeutInnen zu wenig Aufmerksam-
keit geschenkt. Die PhysiotherapeutInnen verbrin-
gen sehr viel Zeit mit den PatientInnen und können
dadurch auch deren psychologische Situation positiv
beeinflussen. Das Ziel aller gesetzten Maßnahmen
ist die Symptomkontrolle und Symptomlinderung,
was an manchen Tagen auch durch Zuhören und
ein intensives Gespräch erreicht werden kann.
Geregelter Informationsfluss als Basis
des interdisziplinären Arbeitens
Das multiprofessionelle Team der Palliative Care ist
deutlich größer als jenes einer »Normalstation«. Die
interdisziplinäre Zusammenarbeit aller beteiligten
Berufsgruppen ist engmaschiger und weist somit
im Vergleich zur Akutstation große Unterschiede auf.
Der Informationsfluss auf einer Palliativstation zwi-
schen PhysiotherapeutInnen und anderen Berufs-
gruppen muss täglich gewährleistet sein, denn nur
dann kann man als PhysiotherapeutIn eine effiziente
Therapie durchführen. Erst mit dem aktuellen Zu-
standsbild der PatientInnen kann mit der Therapie
begonnen werden. Möglicherweise haben sich neue
Indikationen ergeben, welche vor Beginn der Be-
handlung erfragt werden müssen. Als TherapeutIn
tritt man jeden Tag neu an die zu Behandelnden
heran. Ziel ist es, die PatientInnen während des
gesamten Aufenthaltes professionell zu begleiten
und etwaige Symptome zu lindern.
Das physiotherapeutische Ziel orientiert sich hierbei
am Wunsch der PatientInnen. Je nach Tagesver-
fassung wird das Therapieziel neu gesetzt und ge-
meinsam mit den PatientInnen aus dem Leistungs-
angebot der Physiotherapie gewählt. Es stehen
verschiedene Behandlungsmaßnahmen zur Ver-
fügung, u.a. manuelle Lymphdrainage, Fußreflex-
zonenmassage, diverse Massage- und Entspan-
nungstechniken, Atemtherapie (sekretmobilisie-
rende Maßnahmen, Dyspnoe-Management),
verschiedene mobilisierende Techniken (gleicher-
maßen passive und aktive Therapiemaßnahmen),
Taping, komplementärmedizinische Angebote wie
Klangschalentherapie usw.
Bei den täglich stattfindenden interdisziplinären Morgen-
besprechungen einer Palliativstation wird jedeR PatientIn
individuell im Team besprochen. Dabei werden Neuigkeiten
ausgetauscht und der aktuelle Behandlungsfokus festge-
legt. Ziel dieser Morgenbesprechungen ist es, den Behand-
lungsablauf möglichst reibungslos zu gestalten. In den
Prozessqualitätskriterien einer Palliativstation ist daher
festgelegt, in welchen Prozessen und in welcher Form
TherapeutInnen herangezogen werden müssen.
Einmal wöchentlich findet zudem eine Teambesprechung
mit der ärztlichen Leitung der Station sowie des physikali-
schen Institutes, der StationsschwesterPflege, sowie den
KollegInnen der Physiotherapie, der Psychologie und der
Diätologie statt. Hierbei geht es vor allem um die multipro-
fessionelle Zusammenarbeit mit den anderen TherapeutIn-
nen. Es werden die neuesten Erkenntnisse seitens der
ÄrztInnen weitergegeben und der Austausch zwischen
den einzelnen TherapeutInnen kann stattfinden. Ziel ist
eine eventuelle Therapieerweiterung beziehungsweise ein
möglicher Rückzug der Therapie. Dies kann innerhalb
dieser Besprechung diskutiert und genauer eruiert werden.
Ein wesentlicher Punkt ist die Gleichwertigkeit des Perso-
nals auf einer Palliativstation. Hierbei steht nicht die Hierar-
chie sondern das Wohl der PatientInnen im Vordergrund.
Es gilt als oberste Priorität, schwer kranke und sterbende
Menschen in ihrer schwierigen Lebensphase zu begleiten.
Dies kann nur dann erreicht werden, wenn man als inter-
disziplinäres Team gemeinsam und unter Absprache
gleichberechtigt agiert.
Die Angehörigen werden ebenfalls in die Betreuung der
PatientInnen eingebunden, da sie auch oft eine wichtige
Informationsquelle und einen direkten Zugang zu den Be-
handelnden darstellen. So bietet sich die Möglichkeit, den
Angehörigen den Umgang mit der neuen Situation zu er-
leichtern und sie auf die Zeit nach der Entlassung angstfrei
vorzubereiten und zu unterstützen. Die Zusammenarbeit
zwischen der Physiotherapie und dem Entlassungsmanage-
ment ist stets gegeben. Es gilt, die besten Hilfsmittel und
die beste Versorgung für die Zeit nach dem stationären
Aufenthalt zu finden. Wenn hierbei interdisziplinäre Kom-
munikation erfolgreich stattfindet, können die PatientInnen
davon am meisten profitieren. PhysiotherapeutInnen sind
Teil eines Ganzen.
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