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physio
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Juni 2017
Um zu verstehen, wie weitreichend die Unterschiede
zwischen Männern und Frauen sind, sollte man sich
zuerst die Begrifflichkeit von »Sex« und »Gender« vor
Augen führen:
»Sex« beschreibt das biologische Geschlecht, also
genetische Unterschiede, anatomische Abweichungen,
verschiedenartige Funktionsweisen oder unterschied-
liche hormonelle Einflüsse im männlichen beziehungs-
weise im weiblichen Organismus. Der Begriff »Gender«
hingegen bezieht sich auf das soziale Geschlecht und
beschreibt die durch Gesellschaft und Kultur geprägten
Eigenschaften des Individuums. Somit weist diese Be-
zeichnung auf all das hin, was in einer Kultur als typisch
für ein bestimmtes Geschlecht angesehen wird.
Es erscheint verwunderlich, dass genau diese Einflüsse
und Unterschiede so lange in vielen Bereichen der Medi-
zin vernachlässigt wurden. Ob in der Prävention, der
Therapie, der Nachsorge oder auch in der medizinischen
Forschung, Wissenschaft und Lehre – lange Zeit gab es in
diesen Bereichen ausschließlich die Auseinandersetzung
mit dem männlichen Patienten. Frauen wurden großteils
als weibliche Variante des Mannes angesehen, gleichsam
wie Kinder als kleine Erwachsene galten. Diese Sicht-
weisen waren allerdings nicht nur auf Unwissen oder
Ignoranz zurückzuführen, sondern hatten auch praktische
bzw. wirtschaftliche Gründe. So war die Arzneimittelfor-
schung lange Zeit vor allem auf die maskuline Funktion,
Konstitution und männliche Bedürfnisse ausgerichtet.
Unterschiede zwischen Männern und Frauen sind
lange in vielen Bereichen der Medizin vernachlässigt
worden. Das Ziel der Gendermedizin ist ein wesentli-
ches: Durch die Berücksichtigung von Geschlecht und
damit verbundenen Faktoren wie Alter, Gewicht und
individuellen körperlichen Besonderheiten soll eine
bestmögliche medizinische Versorgung sowohl für
Männer als auch für Frauen gewährleistet sein.
Themenschwerpunkt
Gendermedizin in der Physiotherapie
»MÄNNER SUCHEN INSGESAMT
SELTENER PHYSIOTHERAPEUTISCHE
HILFE UND REDEN NICHT SO
HÄUFIG ÜBER IHRE SYMPTOME.«