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April 2017

9

Gesundheitssektor im Wandel

All diese gesellschaftlichen Veränderungen stellen das

Gesundheitssystem vor neue Herausforderungen. Der

Kontakt mit anderen Lebenswelten, Sprachen, Kulturen

und Religionen nimmt in allen Bereichen der Gesund-

heitsversorgung zu. Auch im physiotherapeutischen All-

tag werden transkulturelle Kompetenzen und besondere

Kommunikationsfertigkeiten immer bedeutsamer.

Zu wissen, wie sich die Lebens- und Gesundheitsbedin-

gungen von MigrantInnen gestalten, ist unabdinglich.

An dieser Stelle muss festgehalten werden, dass es sich

bei MigrantInnen generell um eine sehr heterogene,

mannigfaltige Gruppe handelt und natürlich auch inner-

halb dieser Gruppe schichtspezifische Unterschiede

bestehen.

Die Gesundheit eines Menschen wird durch sämtliche

Lebensbereiche und Erfahrungen beeinflusst. Nicht nur

kulturelle Aspekte wie Religion, Anschauungen über

Krankheit und Schmerz, Traditionen und Bräuche im

Herkunftsland beeinflussen, wie es MigrantInnen gesund-

heitlich geht. Auch der Migrationsprozess an sich mit all

seinen Unsicherheiten und eventuell traumatischen Er-

eignissen, die soziale Isolation, die oft damit einhergeht,

sowie die Lebensbedingungen, die MigrantInnen im

Zielland vorfinden, haben Einfluss.

MIGRATIONSANAMNESE

Folgende Faktoren sollten im Zuge der Behandlung

von MigrantInnen idealerweise abgefragt werden:

Herkunftsgeschichte

°

Biografische Daten

°

Ausbildung

°

Berufserfahrung

°

Rechtliche, soziale und

ökonomische Situation

Migrationsgeschichte

°

Motivation zur Migration

°

Verlauf der Migration, Flucht

°

Traumatisierungen

Integrationsgeschichte

°

Rechtlicher Status

°

Soziale und ökonomische Situation

°

Gesundheitsverhalten

Spezifische Fragen

°

Wie nennt man Ihre Beschwerden

in Ihrer Muttersprache?

°

Was hat nach Ihrer Ansicht Ihre

Beschwerden verursacht?

°

Was hat Ihnen in der Vergangenheit am

meisten bei diesen Beschwerden geholfen?

HERAUSFORDERUNGEN

Mag. Verena Grünstäudl

LITERATUR

Kilcher, A. & Spiess, R. (2003).

Die hausärztliche Betreuung

von Migranten mit chronischem

Schmerzsyndrom. Schweizeri-

sche Ärztezeitung 84.10: 452-

460.

Sabbioni, M. & Salis Gross, C.

(2006). Die migrationsspezifi-

sche Anamnese. In P. Eeuwijk

& B. Obrist, Vulnerabilität,

Migration und Altern. Medizi-

nethnologische Ansätze im

Spannungsfeld von Theorie

und Praxis (S. 166-221).

Zürich: Seismo.

Statistik Austria & Kommission

für Migrations- und Integra-

tionsforschung der Österrei-

chischen Akademie der Wissen-

schaften. (2016). migration &

integration.

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Online verfügbar unter:

www.bmeia.gv.at

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statistik. Dezember 2016. Online

verfügbar unter:

www.bmi.gv.at