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April 2017

Gesundheit der MigrantInnen

Derzeit ist die Datenlage zu unzureichend, um ein breites

Bild über die Gesundheitssituation von MigrantInnen

zeichnen zu können. Wir wissen jedoch, dass MigrantIn-

nen, insbesondere TürkInnen und jene aus Ex-Jugosla-

wien, ihren Gesundheitszustand schlechter einschätzen

als Nicht-MigrantInnen; MigrantInnen häufiger täglich

rauchen; Männer aus dem ehemaligen Jugoslawien

(außerhalb der EU) und der Türkei sich häufiger als

adipös bezeichnen; MigrantInnen weniger häufig prä-

ventive Gesundheitsleistungen oder notwendige Arztbe-

suche in Anspruch nehmen, häufiger starke Schmerzen

und depressive Symptomatik aufweisen und ihre Lebens-

qualität schlechter einschätzen.

Diese Ergebnisse sind sicherlich auf eine Vielzahl von

Faktoren zurückzuführen, wie u. a. auf das geringe

Durchschnittseinkommen und die damit einhergehende

deutlich stärkere Armuts- und Ausgrenzungsgefährdung

bzw. schlechtere Wohn- und Lebenssituation von im Aus-

land Geborenen, auf die häufig geringere Gesundheits-

kompetenz, den oft geringer ausgeprägten Präventions-

und Gesundheitsförderungsgedanken im Herkunftsland

oder auf Akkulturationsstress. Hinzu kommt, dass sich

Menschen, die erst kürzlich nach Österreich zugewan-

dert sind, in einem unbekannten System sowie in einer

neuen Gesellschaftsordnung wiederfinden und erst

Orientierung gewinnen müssen. Darüber hinaus fehlt es

oft an Vertrauen, teils aufgrund schlechter Erfahrungen

im Herkunftsland, teils aufgrund von Diskriminierungs-

erfahrungen.

Um den Bedürfnissen im Zuge der Behandlung von

MigrantInnen gerecht zu werden, ist es vorrangig wichtig,

viel Offenheit an den Tag zu legen, Stereotype und Vor-

urteile auszublenden und sich vollkommen auf die

PatientInnen einzulassen. Aufgrund der vielen bereits

genannten Einflussfaktoren auf die Gesundheit und den

Therapieerfolg wäre es ratsam, im Zuge der Möglich-

keiten eine möglichst umfassende sogenannte »Migra-

tionsanamnese« vorzunehmen.

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Themenschwerpunkt

Multikulturalität in der Physiotherapie

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