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physio

austria

inform

September 2015

Den ForscherInnen ist bei der Durchführung einer

»A Priori Analyse« weder die Effektgröße immer genau

bekannt (im Falle, dass eine randomisierte kontrollierte

Studie zu diesem Thema noch nicht herausgegeben

wurde), noch können sie wissen, wie hoch die Standard-

abweichung sein wird. Daher ist es oft schwierig, die

Effektgröße richtig einzuschätzen. Wenn es möglich ist,

empfiehlt es sich eine Pilotstudie durchzuführen, um sie

richtig anzugeben. Sollte dies nicht möglich sein, ist die

nächstbeste Option, sich die notwendige Information

über Behandlungseffekt und Standardabweichung aus

der Literatur zu holen. Aus diesen Werten kann dann die

Effektgröße festgelegt werden. Eine letzte Möglichkeit ist

es, standardisierte Effektgrößenbereiche zu verwenden,

etwa die Werte 0,2, 0,5 und 0,8 für eine kleine, mittlere

und große Effektgröße.

Bei einer bestimmten statistischen Stärke besteht ein in-

direkt proportionales Verhältnis zwischen der Effektgröße

und der ProbandInnenanzahl. Daher ist eine große Effekt-

größe sehr vorteilhaft für die ForscherInnen, da dadurch

die ProbandInnenzahl, die notwendig ist, damit die Studie

eine statistische Aussagekraft hat, reduziert wird. Es gibt

zwei Möglichkeiten, um die Effektgröße zu maximieren:

(a) eine Erhöhung des Behandlungseffekts und (b) eine

Senkung der Fehlervariabilität, indem eine möglichst

homogene Population auserwählt wird.

Willkür und Wahlmöglichkeit

Es ist wichtig zu erwähnen, dass die Festlegung des

Alpha Levels bei 0,05 und der statistischen Stärke von

0,80 eine willkürliche Entscheidung darstellen. Eine

statistische Stärke von 0,80 bedeutet, dass eine 20-

prozentige Chance besteht, dass die ForscherInnen

einen Typ II Fehler machen (z.B. dass eine falsche Nullhy-

pothese nicht verworfen wird). Nun stellt sich die Frage,

warum dieses Risiko nicht reduziert wird, indem eine

statistische Stärke von 0,90 festgelegt wird. Das offen-

sichtlichste Argument ist, dass diese Strategie eine

größere ProbandInnenzahl benötigt. Bei Studien, wo Zeit

und Ressourcen keine Hauptrolle spielen, ist es vorteil-

haft diese Strategie zu verwenden. Nichtsdestotrotz soll-

ten die ForscherInnen diesen Kompromiss sorgfältig

überdenken, denn eine Erhöhung der statistischen Stärke

von 0,80 auf 0,90 benötigt eine exponentielle und keine

lineare Steigerung der ProbandInnenzahl. Es wird daher

empfohlen sowohl für den Wert 0,80 als auch für den

Wert 0,90 die benötigte ProbandInnenzahl zu berechnen,

damit die ForscherInnen das Verhältnis zwischen Proban-

dInnenzahl und statistischer Stärke abwägen können.

Einige MethodikerInnen schreiben, dass wenig aussage-

kräftige Studien dennoch akzeptabel sind, denn diese

könnten in einem Systematic Review oder einer Meta-

Analyse miteinander in Zusammenhang gebracht werden

und wenig Information sei noch immer besser als keine

Information. Auf der anderen Seite befürchten viele

ForscherInnen, dass die wenig aussagekräftigen Studien

mit unklaren Ergebnissen nicht publiziert werden und

bestehen darauf, dass alle Studien statistisch aussage-

kräftig sind. Diese Diskussion wird beim nächsten

WCPT-Kongress 2017 fortgeführt.

Emalie Hurkmans, PhD

x

Themenschwerpunkt

Physiotherapie International

© Sergey Nivens - Fotolia.com

LITERATUR

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SCIENCE

Emalie Hurkmans, PhD

Literatur zum Thema

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in der Bibliothek von Physio Austria

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Forschungsmethoden und Evaluation

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Mayer, H. & Hilten, E. (2007)

Einführung in die Physiotherapieforschung.

Wien: Facultas.

Bestellmöglichkeit via

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