Partieller Berufszugang
Ein Partieller Berufszugang bedeutet, dass ein im
Ausland ausgebildeter Berufsangehöriger in Öster-
reich bzw. einem anderen Zielland partiell Zugang zu
einem gesetzlich geregelten Beruf bekommen kön-
nen soll. Dies soll dann ermöglicht werden, wenn die
betreffenden Tätigkeiten Teil eines Berufs sind, der
im Aufnahmemitgliedstaat ein breiteres Spektrum
von Tätigkeiten als im Herkunftsmitgliedstaat um-
fasst. Voraussetzungen dafür wären, dass die Unter-
schiede zwischen den Tätigkeitsfeldern so groß sind,
dass der Berufsangehörige ein vollständiges Ausbil-
dungsprogramm absolvieren müsste, um die Lücken
auszugleichen. Stellt dieser Berufsangehörige einen
entsprechenden Antrag, so sollte ein Aufnahmemit-
gliedstaat unter diesen besonderen Umständen par-
tiellen Zugang gewähren.
Europäischer Berufsausweis
Der europäische Berufsausweis ist eine elektroni-
sche Bescheinigung entweder zum Nachweis, dass
der Berufsangehörige sämtliche notwendigen Vo-
raussetzungen für die vorübergehende und gele-
gentliche Erbringung von Dienstleistungen in einem
Aufnahmemitgliedstaat erfüllt oder zum Nachweis
der Anerkennung von Berufsqualifikationen für die
Niederlassung in einem Aufnahmemitgliedstaat. Der
europäische Berufsausweis soll eine Antragstellung
im Herkunftsmitgliedstaat für eine Zulassung im Auf-
nahmemitgliedstaat ermöglichen. Ein automatisches
Recht zur Ausübung im Aufnahmemitgliedstaat, z.B.
in Österreich, ist damit nicht verbunden, wenn es für
diesen Beruf bereits vor Einführung des Europäi-
schen Berufsausweises Registrierungsanforderun-
gen oder andere Kontrollverfahren gibt.
Quelle: RL 2013/55/EU, abrufbar unter
www.
eur-lex.europa.euUnterstützung für im Ausland ausgebildete
PhysiotherapeutInnen
Ein interessantes Projekt der Chartered Society of
Physiotherapists (CSP) stellte Birgit Mueller-Winkler aus
Großbritannien im Rahmen des Weltkongresses vor. Der
britische Berufsverband wurde 2011 darauf aufmerksam,
dass es eine verhältnismäßig höhere Anzahl an Be-
schwerden über im Ausland ausgebildete Physiothera-
peutInnen gibt, als über Berufsangehörige, welche ihre
Ausbildung in Großbritannien absolviert haben. Die Be-
schwerden bezogen sich dabei jedoch weniger auf die
fachliche Qualifikation als vielmehr auf Fehlverhalten der
Berufsangehörigen. Zurück zu führen ist dies auf die welt-
weit sehr unterschiedlichen Versorgungsstrukturen und
kulturellen Aspekte in der Physiotherapie.
Auf Grund dieser Erkenntnis hat der CSP die Bedürfnisse
seiner rund 2.500 im Ausland qualifizierten Mitglieder im
Rahmen einer Umfrage erhoben. Vielfach genannt wurde,
dass es nur wenig bis keine Unterstützung beim Anerken-
nungsprozess gab und der Wunsch des Erfahrungsaus-
tausches mit anderen KollegInnen und eines Mentoring
besteht. Darauf aufbauend wurden Maßnahmen entwi-
ckelt, um diese wichtige Zielgruppe – etwa 12 Prozent
der in Großbritannien praktizierenden PhysiotherapeutIn-
nen haben Ihre Ausbildung im Ausland absolviert – zu
unterstützen. Dazu zählen ein Online-Diskussions-Forum,
der 2013 erstmals organisierte »Induction Day« sowie das
2014 ins Leben gerufene Mentoring Programm, an dem
etwa 200 Freiwillige teilnehmen.
Es ist zu erwarten, dass sich die Mobilität der Physiothe-
rapeutInnen zwischen den Ländern in Zukunft erhöhen
wird. Diese Erkenntnisse aus Großbritannien, im Ausland
qualifizierte PhysiotherapeutInnen gezielt beim Einstieg
in den Beruf im Zielland zu unterstützen, können auch
für andere Berufsverbände und Länder eine wichtige
Ressource darstellen.
Partieller Berufszugang und
Europäischer Berufsausweis
Ganz wesentlichen Einfluss auf die Mobilitätsentwicklung
in Europa haben Änderungen der europäischen Berufsan-
erkennungsrichtlinie. Auf Grund dieser liegt in Österreich
aktuell ein Gesetzesentwurf vor, mit dem u.a. der par-
tielle Berufszugang und für einige Berufe – darunter auch
PhysiotherapeutInnen - der Europäische Berufsausweis
geregelt wird. Physio Austria bringt im Sinne der Interes-
sen der PhysiotherapeutInnen eine Stellungnahme im
Rahmen des Begutachtungsprozesses ein. Die dies-
bezügliche Stellungnahme finden Sie auf der Webseite
von Physio Austria.
Mag. Nicole Muzar
WELT
Mag. Nicole Muzar
physio
austria
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September 2015
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